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    Stand:  17.10.2014   (38. Ed.)  –  File: PLS/Gut/LBNatSch_zu_Li-Sued.html



Diese Seite ist Teil des Bürger-Portals zur Stadt(ver)planung in Lichterfelde-Süd. Giesensdorf – wie Lichterfelde-Süd früher hieß – ist seit jeher das Stiefkind der (Bezirks-) Politiker. Manche von ihnen wissen noch nicht mal, wo „Giesensdorf“ überhaupt liegt — und entscheiden dennoch über gravierende Bauleitplanungen in dieser Gegend. Man schob und schiebt dort gerne etwas hin, was man in den feineren Wohnquartieren des Bezirks nicht so gerne sieht. [Ständig benachteiligt!]

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
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Auf dieser Seite sind Stellungnahmen des Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege des Landes Berlin zum Komplex Lichterfelde-Süd in HTML dokumentiert. Sämtliche Links und Hervorhebungen wurden redaktionell hinzugefügt. FFH = Flora-Fauna-Habitat. Hier sind dokumentiert und manches auch in [Ed:...] kommentiert:

I n h a l t :      

Lichterfelde-Süd — Beirats-Beschluß vom 23. September 2010



Beschluss des Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege zum ehemaligen Militärgelände südlich der Thermometersiedlung in Lichterfelde-Süd



Beirats-Beschluss-NL-23-09-10     (Schreiben vom 23.9.2010)
[
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Das ehemalige militärische Übungsgelände in Lichterfelde Süd ist naturschutzfachlich von herausragendem Wert und weist einen hohen Anteil an schutzbedürftigen Arten und Lebensgemeinschaften auf. Besonders bedeutsam sind die offenen, von Einzelgehölzen und Gehölzbeständen durchsetzten trocken-warmen, nährstoffarmen Lebensräume, die nach der militärischen Nutzung vor allem durch die Beweidung mit Pferden erhalten und positiv entwickelt werden konnten.

Darunter finden sich nach § 26a NatSchG Bln besonders geschützte Trockenrasen, Frischwiesen sowie Wald- und Vorwaldflächen. Letztere sind auch nach dem Landeswaldgesetz besonders geschützt. Diese einmalige halboffene, strukturreiche „Lichterfelder Weidelandschaft“ stellt mit ihren artenreichen Krautfluren, Gebüschen und Vorwäldern einen unbedingt erhaltungswürdigen „Hotspot“ der Biodiversität in Berlin dar. Sie ist zudem auch Lebensraum zahlreicher gesetzlich besonders geschützter, stark gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten.

Nach dem Kenntnisstand der 1990er Jahre sieht der Flächennutzungsplan auch eine bauliche Entwicklung auf Flächen vor, die inzwischen einen hohen naturschutzfachlichen Wert aufweisen. Entgegen den Planungen in den 1990er Jahren, die auf der damals gerade aufgegebenen Fläche des ehem. Militärgeländes wenig naturräumliches Potenzial sahen, hat sich das Gelände gerade in diesem Bereich landschaftlich und naturräumlich so positiv entwickelt, dass der größte Teil des Gebietes auf der aktuellen Arbeitskarte „Biotopverbund“ des Landschaftsprogramms zum Biotop- und Artenschutz aufgrund der hohen Zielartendichte als wertvoll einstuft wird.


Aus diesem Grund empfiehlt der Sachverständigenbeirat für Naturschutz und Landschaftspflege der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Steglitz-Zehlendorf und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung:

Prof. Dr. Ingo Kowarik



Lichterfelde-Süd — Stellungnahme vom 27. Juli 2012



Bedeutung der ehemaligen Militärfläche „Parks Range“ in Lichterfelde Süd für die biologische Vielfalt im Land Berlin und für naturbetonte Freizeit und Erholung und Empfehlungen zur ihrer weiteren Entwicklung



Einleitung

Im Zusammenhang mit einem möglichen Bebauungsvorhaben und einer damit verbundenen städtebaulichen Neuordnung des etwa 100 ha großen Areals soll mit dieser Stellungnahme ein fachlicher Beitrag zur Bedeutung und Entwicklung der Fläche aus naturschutzfachlicher Sicht formuliert werden. Sie knüpft an den
Beschluss des Sachverständigenbeirates für Naturschutz und Landschaftspflege zum ehemaligen Militärgelände in Lichterfelde Süd vom 23.09.2010 an.

   
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Die am Rande der Stadt im Bezirk Steglitz-Zehlendorf gelegene Fläche wurde mehrere Jahrzehnte bis 1994 von den Alliierten Streitkräften zu militärischen Übungszwecken genutzt. Nach Aufgabe der militärischen Nutzung blieb die Fläche für die Öffentlichkeit unzugänglich, und größere Teilflächen wurden mit Pferden beweidet. Auf ungenutzten Teilflächen haben sich Vorwälder entwickelt.

Bereits zum Anfang der 1980er Jahre lagen erste Erkenntnisse über den besonderen Wert der Parks Range als Lebensraum für seltene Amphibien- und Vogelarten vor.

In der Vergangenheit gab es Bebauungsabsichten, die nicht umgesetzt worden sind, aber zu einer Änderung des Flächennutzungsplanes geführt haben. In diesem Rahmen wurden auch Biotopkartierungen und Bestandserhebungen zur Flora und Fauna durchgeführt, mit denen der besondere naturschutzfachliche Wert der ehemaligen Militärfläche genauer dokumentiert wurde.

Das Ziel dieser Stellungnahme besteht darin, die herausragende Bedeutung der Fläche für Naturschutz und naturbetonte Erholung zusammenfassend einzuschätzen und daraus Empfehlungen für die verantwortlichen Behörden abzuleiten.


Naturschutzfachliche Grundlagen

Nach der Einstellung der militärischen Nutzung wurden verschiedene Biotopkartierungen und Bestandsaufnahmen der Farn- und Blütenpflanzen und ausgewählter Tiergruppen durchgeführt, die den besonderen Wert der Fläche für den Erhalt der Biologischen Vielfalt dokumentieren. Zuletzt wurde 2010 im Auftrag der Vivico Real Estate GmbH vom Planungsbüro Becker, Giseke, Mohren, Richard eine naturschutzfachlich- landschaftsplanerische Untersuchung/Bestandsanalyse durchgeführt. Dabei wurde auch eine Aktualisierung der Biotopkartierung und eine Erfassung ausgewählter Tiergruppen (Fledermäuse, Avifauna, Amphibien, Reptilien, Heuschrecken und Grillen) beauftragt. Auf der Grundlage dieser Bestandserhebungen wurde eine zusammenfassende landschaftsökologische Bewertung durchgeführt.
[Ed:
Fazit dieses BGMR-Gutachtens von 2010 mit Kritik daran]

Unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse, den Ergebnissen des Tages der Artenvielfalt, der aktuellen Bestandsaufnahme der Zielarten des Florenschutzes, den Einschätzungen verschiedener Experten und anhand dokumentierter Nachweise seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten durch die Reitgemeinschaft Holderhof, soll im Folgenden der besondere Wert der Fläche zusammenfassend verdeutlicht werden.


      Lichterfelde-Süd -- Wiss. Naturschutzbewertung 2012
^   Lichterfelde-Süd – Allein schon die in Gelb angelegten Flächen sind ein bedeutsamer Lebensraum für zahlreiche geschützte FFH-Arten und Rote-Liste- Arten (u.a. Pflanzen, Schmetterlinge, Bienen und Wespen, Käfer, Kröten, Eidechsen, Vögel, Fledermäuse). [Komplette Bewertungskarte] [Bebaubarkeit laut CA-Immo]

Auszug aus: Naturschutzfachliche Bewertungskarte des Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege vom 26.7.2012.   (Repro: 15.9.2012 – khd)

Ergebnisse des Tages der Artenvielfalt

Am 15.6. und 16.6. 2012 fand auf dem Areal ein sogenannter „Geo Tag der Artenvielfalt“ statt. Innerhalb von 24 Stunden konnten von 20 Expertinnen und Experten auf dem Gelände über 861 verschiedene Arten aus 16 verschiedenen Organismengruppen nachgewiesen werden. Eine Auswertung der Ergebnisse hat ergeben, dass davon mehr als 100 Arten in den Roten Listen der Länder Berlin und Brandenburg verzeichnet sind. Etwa 50 Arten gelten bundesweit als gefährdet. Sowohl die Ergebnisse als auch die fachliche Einschätzungen der beteiligten Experten unterstreichen die herausragende Bedeutung der Fläche für den Erhalt der Biologischen Vielfalt im Land Berlin.


Hinweis zu den gesetzlich besonders geschützten Biotopen

Die
Biotopkartierung hat einen relativ geringen Anteil von etwa 10 % an gesetzlich geschützten Biotopen an der Gesamtfläche ergeben (Becker et al. 2010). Obwohl die Weideflächen zahlreiche Arten der Frischwiesen und Trockenrasen enthalten, konnten sie im Rahmen der Biotopkartierung zum überwiegenden Teil nur den Frischweiden bzw. den ruderalen Halbtrockenrasen zugeordnet werden, die keinem besonderen gesetzlichen Schutz unterliegen. Dennoch sind diese Biotope naturschutzfachlich aufgrund ihres Blütenreichtums, des hohen Anteils an gefährdeten Pflanzen- und Tierarten und der Größe der Weideflächen als sehr hochwertig einzustufen (vgl. beil. naturschutzfachliche Bewertungskarte).


Farn- und Blütenpflanzen

Bei verschiedenen Untersuchungen wurden seit den 1980er Jahren bisher über 540 verschiedene Farn- und Blütenpflanzenarten auf der Fläche in Lichterfelde Süd nachgewiesen. Am Tag der Artenvielfalt konnten 387 verschiedene Farn- und Blütenpflanzen ermittelt werden. Die tatsächliche aktuelle Artenzahl liegt wahrscheinlich bei etwa 450 bis 500 Arten. Dies entspricht etwa einem Drittel aller im Land Berlin etablierten wild wachsenden Farn- und Blütenpflanzenarten. Der Anteil der Arten der Roten Liste sowie der Anteil der Arten der Vorwarnliste liegt bei etwa 10 %.


Bedeutung für den Florenschutz in Berlin

Derzeit kommen auf dem Gelände 10 verschiedene Zielarten des Florenschutzes vor, die teils größere Bestände bilden. Die aktuellen Daten wurden von der Koordinierungsstelle Florenschutz zur Verfügung gestellt. Sieben verschiedene Arten konnten beim Tag der Artenvielfalt bestätigt werden. Außerdem wurden noch weitere Bestände von Zielarten des Florenschutzes entdeckt. Diese Erkenntnisse sind in die naturschutzfachliche Bewertungskarte eingeflossen.

Besonders bemerkenswert ist das Vorkommen zahlreicher in Berlin vom Aussterben bedrohter Pflanzenarten wie z. B. Sardischer Hahnenfuß (Ranunculus sarduus), Golddistel (Carlina vulgaris), Acker-Leimkraut (Silene noctiflora), Mäuseschwänzchen (Myosurus minimus), Acker-Filzkraut (Filago arvensis) und Deutsches Filzkraut (Filago germanica). Letztere Art galt nach der Roten Liste Berlins (Prasse et al. 2001) als verschollen. Aktuell konnten insgesamt 31 verschiedene Rote-Liste-Arten und 13 Arten der Vorwarnliste bestätigt werden.

Eine Reihe von attraktiv blühenden, teils gefährdeten Wiesen- und Trockenrasenarten sind durch ein gezieltes Beweidungsmanagement gefördert worden. Hierzu zählen u. a. die folgenden Pflanzenarten: Wiesen-Margerite (Leucanthemum ircutianum), Kriechende Hauhechel (Ononis repens), Roter Zahntrost (Odontites vulgaris), Moschus-Malve (Malva moschata), Echtes Tausendgüldenkraut (Centaureum erytraea) und Heide-Nelke (Dianthus deltoides).

Als Fazit ist festzustellen, dass die Fläche aufgrund ihres Artenreichtums, des hohen Anteils an Rote-Liste-Arten und durch das Vorkommen von 10 Zielarten des Florenschutzes eine überdurchschnittlich hohe Bedeutung für den Erhalt der floristischen Vielfalt im Land Berlin besitzt. Diese aktuellen Erkenntnisse zum Florenschutz ergänzen die Untersuchung von Becker et al. (2010).

Auch am Beispiel der Brutvögel wird der hohe Stellenwert des Geländes deutlich. In jedem Jahr brüten auf dem Gelände etwa 50 verschiedene Vogelarten. Becker et al. (2010) nennen 51 verschiedene Brutvogelarten, davon 3 Arten, die auf der Roten Liste Berlin und 5 Arten die auf der Vorwarnliste geführt werden.

Am Tag der Artenvielfalt konnten 44 Vogelarten nachgewiesen werden. Darunter sind naturschutzfachlich besonders bemerkenswerte Arten wie z. B., Heidelerche (gefährdet), Wendehals (stark gefährdet), Pirol (gefährdet), Braunkehlchen (gefährdet) und Neuntöter, der als typische Vogelart struktur- und artenreicher Offenlandschaften einzustufen ist. Die 2012 erfassten Reviere der vorstehend genannten Brutvogelarten wurden in der naturschutzfachlichen Bewertungskarte eingetragen. Bemerkenswert sind die zahlreichen Brutvorkommen des Neuntöters, der auf den mit Einzelgehölzen und Gebüschen durchsetzten Weideflächen optimale Bruthabitate und ein reiches Nahrungsangebot vorfindet. Nach Einschätzung von Ornithologen handelt es sich um ein Vogelbrutgebiet von regionaler Bedeutung.

Mindestens 3 verschiedene Fledermausarten, die gemäß der der
FFH-Richtlinie (Anhang IV) besonders geschützt sind (Abendsegler, Zwergfledermaus und Braunes Langohr) nutzen das Gelände als Nahrungsgäste (Becker et al. 2010).

Seit den 1980er Jahren wurden im Rahmen mehrerer Untersuchungen insgesamt 11 verschiedene Amphibien- und Reptilienarten dieser teils nach der FFH-Richtlinie der EU besonders geschützten Wirbeltierarten erfasst. Becker et al. (2010) konnten 5 Amphibienarten und eine Reptilienart nachweisen. Unter Berücksichtigung der aktuellen Kartierungen von Becker et al. (2010) sowie der längjährigen Beobachtungen der Reitgemeinschaft kommen derzeit wahrscheinlich 7 verschiedene Amphibien- und 3 Reptilienarten auf dem Gelände vor. Besonders hervorzuheben sind aktuelle Vorkommen der gemäß der FFH-Richtlinie der EU besonders geschützten Arten wie der Wechselkröte, der Knoblauchkröte und des Moorfrosches. Insbesondere die Wechselkröte nutzt den größten Teil des Geländes, insbesondere die offenen und halboffenen Flächen, als Sommerlebensraum. Mehrere Laichgewässer, die Größe und Unzerschnittenheit der Fläche sind eine wichtige Voraussetzungen für das Überleben dieser Amphibienarten.

Die nach der FFH-Richtlinie besonders geschützte Zauneidechse kommt nahezu flächendeckend vor. Dabei ist das Mosaik aus halboffenen Flächen, Freiflächen und besonnten Lichtungen eine wesentliche Voraussetzung für die weite Verbreitung. Bemerkenswert sind auch einzelne Beobachtungen von Ringelnattern, zuletzt im Jahr 2012 (A. Loba mündl. Mitt.). Aufgrund des relativen Artenreichtums, der Größe und Unzerschnittenheit ist das Gelände von überregionaler Bedeutung für diese Tiergruppen.

Am Beispiel der Schmetterlinge spiegelt sich der Blüten- und Strukturreichtum der Weideflächen wieder. Bisher wurden 38 verschiedene Tagfalterarten nachgewiesen. Das ist eine vergleichsweise hohe Anzahl für Berlin. Während am Tag der Artenvielfalt bei ungünstigen Witterungsbedingungen nur 14 Tagfalterarten beobachtet wurden, konnten bei der stichprobenhaften Erfassung der nachtaktiven Schmetterlingsarten 36 verschiedene Arten ermittelt werden. Nach Experteneinschätzung ist davon auszugehen, dass das Gelände für Schmetterlingsarten ein Lebensraum von überregionaler Bedeutung ist. Hervorzuheben ist das Vorkommen des Großen Feuerfalters, einer Art des Anhanges 2 der europäischen FFH-Richtlinie . Er profitiert vom relativ häufigen Vorkommen seiner Nahrungspflanzen, des Stumpfblättrigen Sauerampfers (Rumex obtusifolius) und des Krausen Sauerampfers (Rumes crispus), die auf einzelnen Flächen häufiger auftreten, da diese Pflanzenartenarten durch die Nutzung der Pferde- und Trampelkoppeln gezielt gefördert werden.

Den besonderen Wert des Areals für licht- und wärmeliebende Insektenarten kann auch am Beispiel der nachgewiesenen Heuschrecken und Grillen verdeutlicht werden. Mit bisher 25 Arten kommen hier mehr als die Hälfte der im Land Berlin aktuell nachgewiesenen Arten vor. Von Becker et al. (2010) wurden 20 Heuschreckenarten festgestellt, darunter zwei Arten der Roten Liste Berlins und vier Arten der Vorwarnliste. Besonders bemerkenswert ist das Vorkommen der Italienischen Schönschrecke, die nach der Berliner Roten Liste als ausgestorben galt, sich aber inzwischen an mehreren Stellen im Berliner Stadtgebiet wieder etablieren konnte. Am Tag der Artenvielfalt konnten trotz ungünstiger Erfassungsbedingungen 11 verschiedene Arten registriert werden.

Insgesamt wurden am Tag der Artenvielfalt innerhalb weniger Stunden 90 Bienen- und Wespenarten im Untersuchungsgebiet festgestellt. 66 Arten wurden bereits in der Erstuntersuchung im Jahr 2000 für das Gebiet angeführt (Saure 2012, schriftl. Mitt.). Die übrigen 24 Arten wurden erst danach oder sogar erstmalig am Tag der Artenvielfalt im Gebiet festgestellt.

Unter den 90 Arten befinden sich 16 Arten der Roten Liste Berlins, davon 4 vom Aussterben bedrohte und 4 stark gefährdete Arten. 3 Arten waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Roten Listen noch nicht für Berlin bekannt bzw. wurden noch nicht als eigenständige Arten angesehen. Insgesamt zeichnet sich das Untersuchungsgebiet durch bemerkenswerte und artenreiche Stechimmen-Bestände aus. Der interessanteste Fund am Tag der Artenvielfalt war die Faltenwespe Ancistrocerus renimaculata, die bisher für Berlin ausschließlich aus dem Botanischen Garten in Dahlem bekannt war (letzter Fund 1994, vgl. Saure 2005).

Wirbellose Organismengruppen wie Schmetterlinge, Bienen und Wespen, Blatt- und Rüsselkäfer profitieren in besonderem Maße von den struktur- und blütenreichen Weideflächen.


Bedeutung für den Biotopverbund

Das Gelände hat aufgrund seiner Größe sowie mit einer direkten Anbindung an den ehemaligen Mauerstreifen und an eine Bahntrasse gute Voraussetzungen für den Biotopverbund. Aktuell sind eine Reihe von Zielarten des Biotopverbundes nachgewiesen. Hierzu zählen: Feldhase, Zauneidechse, Knoblauchkröte, Moorfrosch, Blauflüglige Ödlandschrecke, Schwalbenschwanz, Glänzende Binsenjungfer und Sechsfleck-Widderchen.


Bedeutung der Fläche für den Erhalt der Biodiversität im Land Berlin

Die Gründe für die besondere Biologische Vielfalt des Areals liegen nicht nur an der militärischen Vornutzung und an der Größe und Unzerschnittenheit der Fläche, sondern vor allem im gezielten Weidemanagement, mit dem die Biotop- und Strukturvielfalt erhalten und entwickelt werden konnte.

Hervorzuheben ist das Vorkommen zahlreicher Arten gemäß der
FFH-Richtlinie europaweit besonders geschützter Arten, der hohe Anteil an Rote-Liste-Arten und bundesweit besonders geschützter Arten bei mehreren Organismengruppen sowie das konzentrierte Vorkommen von Zielarten des Florenschutzes und des Biotopverbundes.

Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf aber auch im angrenzenden Land Brandenburg findet sich zwischen der Berliner Stadtgrenze und dem Autobahnring keine vergleichbare Fläche ähnlicher Größe mit einem ähnlich bemerkenswerten Biotop- und Artenspektrum.


Erfolgreiche Landschaftspflege durch ein gezieltes Beweidungsmanagement

In Folge der ehemaligen militärischen Nutzung ist durch ein gezieltes Beweidungsmanagement eine für Berlin einmalige, reich strukturierte Landschaft erhalten und entwickelt worden, in der überdurchschnittlich viele gefährdete licht- und wärmeliebende Arten der blütenreichen Trockenrasen und ruderalen Halbtrockenrasen sowie der Frischweiden und Frischwiesen vorkommen. Dadurch konnten hier zahlreiche Pflanzen und Tierarten überleben, die in der angrenzenden intensiv genutzten Agrarlandschaft oder in den bebauten Bereichen Berlins bereits verschwunden sind.

Die so entstandene landschaftlich attraktive Weidelandschaft ist als ein bundesweit selten gewordenes Relikt der Kulturlandschaft einzustufen.

Aufgrund der hohen naturschutzfachlichen Bedeutung solcher Weidelandschaften sind in Deutschland in den vergangenen Jahren verschiedene Beweidungsprojekte mit finanzieller Unterstützung des Bundesamtes für Naturschutz durchgeführt worden, die als sogenannte Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben die Auswirkungen der Beweidung mit unterschiedlichen Weidetieren untersucht haben. Die bisher bekannten Ergebnisse belegen neben einem positiven Einfluss von Weidetieren auf die Entwicklung der Biologischen Vielfalt auch positive Auswirkungen für Erholung und Tourismus. Auf der ehemaligen Militärfläche in Lichterfelde Süd liegen aus naturschutzfachlicher Sicht nach 12 Jahren Beweidungsmanagement mit Pferden bereits eindrucksvolle Ergebnisse vor. Durch ein gezieltes Weidemanagement mit Pferden ist eine für den Erhalt der biologischen Vielfalt besonders bedeutsame Fläche entwickelt worden.


Naturschutzfachliche Bewertungskarte

Für die beiliegende naturschutzfachliche Bewertungskarte wurden die aktuellen Erkenntnisse über die Verbreitung der folgenden besonders naturschutzrelevanten Arten bzw. Organismengruppen ausgewertet und räumliche Schwerpunkte identifiziert:
  • Vorkommen von Vogelarten der Roten Liste.
  • Nahrungs- und Reproduktionsraum der FFH-Art Wechselkröte.
  • Nahrungs- und Reproduktionsraum der FFH-Art Zauneidechse.
  • Schwerpunktlebensräume der FFH-Art Großer Feuerfalter.
  • Lebensraum von Rote-Liste-Arten verschiedener wirbelloser Organismengruppen (u. a. Schmetterlinge, Bienen und Wespen, Blatt- und Rüsselkäfer).
  • Vorkommen von Zielarten des Florenschutzes.
Zu den vorstehend genannten Themen wurden einzelne Bewertungskarten erstellt, die bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden können.


Empfehlungen an den Bezirk Steglitz-Zehlendorf und
an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt

1. Die ehemalige Militärfläche „Parks Range“ in Lichterfelde Süd ist aus Gründen des Arten- und Biotopschutzes eine einmalige Fläche im Bezirk Steglitz-Zehlendorf. Die bisherige Nutzung als Weidelandschaft hat zu herausragenden Biotopstrukturen und zu einem sehr attraktiven Landschaftsbild geführt. Daher kann die Fläche auch zukünftig in erheblichem Maß für nachhaltige, naturbetone Freizeit- und Erholungsaktivitäten genutzt werden.

2. Um diese hervorragenden Qualitäten zu erhalten, sollte ein möglichst großer Teil des ehemaligen Militärgeländes unter Landschaftsschutz gestellt werden.

3. Darüber hinaus wäre ein Konzept erstrebenwert, das aufzeigt, (a) wie die Qualitäten des Geländes durch ein Weidemanagement erhalten werden können und (b) wie es für die ruhige Erholung und als Grüner Lernort für Kinder und Erwachsene erschlossen werden kann.

Hier könnte u. a. das Thema „biologische Vielfalt“ anschaulich vermittelt und erlebt werden. Da die bisherige Nutzung und Landschaftspflege durch die Reitgemeinschaft Holderhof aus naturschutzfachlicher Sicht sehr erfolgreich war, liegt es nahe hieran anzuknüpfen. Darüber hinaus wäre auch eine Nutzung des Geländes für Einzelprojekte wie pädagogisch betreute Jugendgruppen oder Seniorensportgruppen möglich.

4. Zur Unterstützung der empfohlenen Abgrenzung und Ausweisung eines Landschaftsschutzgebiete wird auf die der Stellungnahme beiliegende
naturschutzfachliche Bewertungskarte verwiesen.

Prof. Dr. Ingo Kowarik


Wichtige Links dazu:
[In Lichterfelde-Süd lebende FFH-Arten]  (PLS-Portal)
[FFH-Richtlinie von 1992]  (Geltendes EU-Recht)
[Vogelschutz-Richtlinie von 1979]  (Geltendes EU-Recht)
[FFH-Arten in Deutschland]  (khd-research.net)




Lichterfelde-Süd — Beirats-Beschluß vom 8. Juli 2014



Beschluss des Sachverständigenbeirats für Naturschutz und Landschaftspflege zur „Entwicklung der Weidelandschaft und der geplanten randlichen Bebauung in Lichterfelde-Süd“



Beirats-Beschluss-NL-08-07-14     (Schreiben vom 15.9.2014)
[
Original in PDF]


Der Sachverständigenbeirat hat bereits in seinem Beschluss vom 23.09.2010 auf den herausragenden naturschutzfachlichen Wert des ehemaligen Militärgeländes in Lichterfelde-Süd aufmerksam gemacht und u.a. empfohlen, die gesamte Fläche der halboffenen Weidelandschaft durch eine Schutzgebietsausweisung sowie durch eine Fortführung des Beweidungsmanagements zu erhalten und zu entwickeln.

Das Areal konnte sich zu einem Hot-Spot der Biodiversität in Berlin entwickeln. Dies hat vor allem die praktizierte Landschaftspflege der Reitgemeinschaft Holderhof bewirkt. Diese Art von naturnaher Nutzung und Pflege ist bundesweit einmalig und zeichnet sich dadurch aus, dass die Entwicklung der Spontanvegetation durch ein spezielles, extensives Beweidungsmanagement kombiniert mit manueller Pflege gesteuert wird. Durch kleinflächig gelenkte, unterschiedlich intensive Beweidung mit ganzjährig im Freien gehaltenen Reitpferden ist eine strukturreiche, attraktive, halboffene Weidelandschaft entstanden, die nicht nur eine beeindruckende Artenvielfalt hervorgebracht hat, sondern auch ein kulturlandschaftlich geprägtes Landschaftsbild von besonderer Schönheit, Vielfalt und Eigenart, das im Berliner Stadtgebiet einzigartig ist. Hervorzuheben ist, dass alles ohne kostenintensive Investitionen entwickelt worden ist. Für die Entwicklung der „Lichterfelder Weidelandschaft“ wurde die Reitgemeinschaft Holderhof 2012 mit dem Umweltpreis des BUND ausgezeichnet.

Inzwischen gibt es konkrete Absichten, auf einer 39 ha großen Fläche eine Randbebauung des insgesamt 96 ha großen Areals zu realisieren.

Der Sachverständigenbeirat hat sich am 08.07.2014 im Rahmen einer Ortsbesichtigung über die aktuellen Entwicklungen und Planungen informiert, insbesondere darüber, ob und welche Chancen bestehen, den besonderen naturschutzfachlichen Wert und die Eigenart der halboffenen Weidelandschaft trotz der geplanten Randbebauung in einer etwa 57 ha großen „Grünen Mitte“ langfristig zu erhalten.

Der Sachverständigenbeirat für Naturschutz und Landschaftspflege empfiehlt der Bezirksverordnetenversammlung des Bezirks Steglitz-Zehlendorf, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt und dem Investor alle Chancen zu nutzen, um ein innovatives Konzept für das gesamte Areal der „Lichterfelder Weidelandschaft“ als einen Hot-Spot der Biodiversität mit allen besonders geschützten Arten sowie deren Lebensräumen zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Gleichzeitig sollte ein Konzept erstellt werden, das aufzeigt, wie die attraktive Erholungslandschaft mit ihren gepflegten und verwilderten Bereichen künftig erschlossen werden kann. Dabei müssen naturverträgliche Formen der Erholungsnutzung und unterschiedliche Umweltbildungsprojekte im Vordergrund stehen.

Die Nähe von Landschaft und neuem Siedlungsraum sollten als Chance verstanden und verstärkt Stoffströme und Stoffkreisläufe aufeinander bezogen werden. Zum Beispiel kann das Wasser der Siedlung zur Biotopanreicherung eingesetzt werden, die Landschaft kühlt so den Siedlungsraum und gleichzeitig werden mit einem solchen Regenwassermanagement Niederschlagswassergebühren eingespart. Die zukünftige Siedlungsentwicklung kann so verstärkt von negativen Wirkungen auf die Umwelt entkoppelt werden. Der Raum eignet sich in besonderer Weise für ein Modellvorhaben, um urbane Stoffströme in Bezug auf Wasser, Energie, Nahrung und Abfall im Sinne einer umwelt- und naturverträglichen Entwicklung verstärkt aufeinander zu beziehen.

Insbesondere empfiehlt der Sachverständigenbeirat im Planungsprozess folgende Inhalte zu berücksichtigen bzw. rechtzeitig zu realisieren:


Die Einmaligkeit und Schönheit der halboffenen Lichterfelder Weidelandschaft ist ein besonderes Qualitätsmerkmal und stellt auch eine Chance für die Entwicklung und Vermarktung des neuen Wohnungsgebietes dar.

Prof. Dr. Carlo W. Becker







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(Toronto/Houston)





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