An die
Fraktion von Bündnis90/Die Grünen
der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin
c/o Frau Christa Markl-Vieto
Kirchstraße 1/3,
14163 Berlin
Weidelandschaft und die Waldflächen in Lichterfelde Süd als
Landschaftsschutzgebiet sichern
Berlin, den 21. Oktober 2011
Sehr geehrte Frau Markl-Vieto,
die städtebauliche Entwicklung des ca. 115 ha großen Stadtraumes in Lichterfelde
südlich Réaumurstraße/Landweg zwischen Bahntrasse, Osdorfer Straße und
Stadtgrenze
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durch Aufstellung eines Bebauungsplanes und eines begleitenden Landschaftsplanes ist
zweifellos eine wichtige kommunalpolitische Aufgabe der Bezirksverordnetenversammlung und des
Bezirksamtes von Steglitz-Zehlendorf in der kommenden Legislaturperiode.
Das dort mit einer Fläche von ca. 70 ha gelegene ehemalige Militärgelände, die
Parks Range, ist nach Auffassung des Sachverständigenbeirats für Naturschutz
und Landschaftspflege der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung naturschutzfachlich von
herausragendem Wert und stellt einen unbedingt erhaltungswürdigen
‚Hotspot‘ der Biodiversität in Berlin dar
[
].
Deshalb empfiehlt der
Sachverständigenbeirat in seinem in der Anlage beigefügten Beschluss vom 23. September
2010 unter anderem, die wertvolle Weidelandschaft und die Waldflächen in Lichterfelde
Süd als Landschaftsschutzgebiet zu sichern.
Der vorstehend bezeichnete Stadtraum in Lichterfelde-Süd ist in der Vergangenheit wiederholt
Objekt von gescheiterten Phantasien ihrer baulichen Nutzung gewesen:
Eine Villenkolonie im Grünen für stadtmüde Berliner scheiterte an der Verarmung
weiter Bevölkerungskreise nach dem 1. Weltkrieg. Der nach der Speerschen Planung für eine
Welthauptstadt Germania hier geplanten Reichslokomotivenschmiede kam der
ausbleibende Endsieg im 2. Weltkrieg dazwischen.
Pläne des Senats und des Bezirksamtes diese Fläche durch Bebauungsplan als Industriegebiet
auszuweisen, wurden auch wegen des Widerstandes der Anwohner, die von einer Bürgerinitiative
und auch der damaligen Alternativen Liste nachhaltig unterstützt worden waren, 1984 aufgegeben.
Der danach entwickelte Landschaftsplan XII-L2
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der das damalige Militärgelände nicht
einschloss, sah unter anderem Park- und Spielflächen, Kleingärten, ein flächenhaftes
Naturdenkmal und ein Landschaftsschutzgebiet vor. Der Plan wurde nach der Wende nicht
weiter verfolgt, schlummert aber bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch als
in Bearbeitung befindlich. Immerhin verspricht aber das Landschaftsprogramm
von Berlin in seiner Fassung von 1994 Lichterfelde-Süd einen Park Lichterfelde und
in seiner Ergänzung von 2004 innerhalb einer gesamtstädtischen
Ausgleichskonzeption einen Landschaftspark Lichterfelde-Süd.
Nach dem Weggang der Amerikaner 1994 entwickelte Pläne für autofreies Wohnen
und einem neuen Stadtteil für zuziehende Bonner
[
],
fanden nicht ausreichend Resonanz,
weil Wohnen am Stadtrand neben einem Wohngebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf nicht
nachgefragt wurde.
Im Rahmen der seinerzeit vorgesehenen dann aber wieder aufgegebenen Privatisierung der Deutschen
Bahn erwarb schließlich 2007 der österreichisch- italienische Immobilienkonzern CA Immo
AG den seinerzeitigen Immobiliendienstleister der Bahn, die Vivico Real Estate GmbH
einschließlich 220 Immobilien, darunter auch das in Rede stehende Grundstück in
Lichterfelde Süd.
Das Grundstück wird von dem in der Landschaft nicht mehr erkennbaren historischen
Osdorf-Teltower-Weg durchschnitten, als dessen Eigentümer aber unseres Wissens nach wie vor das
Land Berlin im Grundbuch eingetragen ist.
Ihren Grundstücksteil südlich dieses Weges hat die Vivico, die inzwischen in CA Immo
Deutschland GmbH umbenannt ist, an die Deutsche Bahn bzw. das Bundeseisenbahnvermögen
Dienststelle Ost zurückübertragen, vermutlich weil diese Teilfläche als Wald
im Sinne des Gesetzes gilt.
Mindestens seit 2010 führt die CA Immo Gespräche mit der Verwaltung und der Politik mit
dem Ziel, durch Aufstellung eines Bebauungsplanes Baurecht für ihre Immobilie zu erlangen.
Diese Gespräche verlaufen bisher für die Öffentlichkeit in jeder Weise
intransparent.
Der in Rede stehende Stadtraum in Lichterfelde Süd ist im hohen Maße naturschutz-,
artenschutz- und waldschutzrechtlich befangen. Der Verwaltung liegen bereits mehrere gutachterliche
Stellungnahmen zu einzelnen Aspekten des Natur- und Artenschutzes vor. Des weiteren gibt es eine
von der CA Immo beauftragte und bezahlte Naturschutzfachlich- landschaftplanerische
Untersuchung Bestandsanalyse, die selbst für Laien erkennbar lückenhaft und
oberflächlich ist. Nach Auskunft des früheren Bezirksstadtrats Uwe Stäglin
verfügt seine Behörde über keine ausreichenden Mittel, um die im Rahmen einer
Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderliche ökologische Bestandsaufnahme des
Planungsgebietes zu finanzieren. Die CA Immo ist ohne Zweifel sehr an dem Ergebnis der
Abwägung verschiedener Nutzungsarten für ihre Immobilie interessiert.
Soweit auch nur der Anschein besteht, dass eine solche Abwägung maßgeblich durch eine vom
Grundstückseigentümer bezahlte Stellungnahme beeinflusst wurde, dürfte sie einer
rechtlichen Prüfung kaum standhalten.
Die ehemalige Parks Range wird weiterhin durch
einen letztlich vom deutschen Steuerzahler finanzierten Militärzaun abgesperrt. Ein Beschluss
der Bezirksverordnetenversammlung, eine kontrollierte Öffnung für geführte
Besuchergruppen zuzulassen, wird von der CA Immo nicht umgesetzt. Stattdessen ließ sie im
August diesen Jahres auch mit schwerem Gerät in der Weidelandschaft bauvorbereitende
Bodenuntersuchungen durchführen.
Um drohende Schäden für die wertvolle Weidelandschaft und die Waldgebiete in Lichterfelde
Süd zu vermeiden, bitten wir Sie, entsprechend dem Beschluss des Fachbeirats für
Naturschutz und Landschaftspflege einen Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung zu erwirken,
durch den die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung angehalten wird, die frühere Parks
Range einschließlich des außerhalb auf der Betriebsfläche der Reitgemeinschaft
Holderhof gelegenen Kreuzkrötenbiotops durch Rechtsverordnung gemäß §18
Berliner Naturschutz-gesetz als Landschaftsschutzgebiet im Sinne von § 20 dieses Gesetzes zu
sichern.
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Auf dieses Schreiben gibt es bis zum 1. Mai 2012 keine Antwort, obwohl Frau Markl-Vieto
inzwischen die fachzuständige Stadträtin des Bezirks ist.
Deshalb: NEUE ANFRAGE.
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Vergleichbare Schreiben erhalten auch VertreterInnen der anderen in der Steglitz-Zehlendorfer
Bezirksverordnetenversammlung mitwirkenden Parteien.
Für Ihre Stellungnahme wären wir Ihnen dankbar.
Mit freundlichen Grüßen
In Vertretung
gez. Niebergall