PLS-Logo |   Dokumentationen aus Medien — Teil 10

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    Stand:  2.4.2013   (58. Ed.)  –  File: PLS/Aus_Medien/AM_10.html



Die Presse hat noch nicht die (politische) Dimension des Gesamt-Konflikts um Lichterfelde-Süd erkannt und wohl auch deshalb bislang nur wenig berichtet — immerhin gibt’s doch schon einiges. Auf diesen Seiten werden ausgewählte Artikel und Texte zu den Planungs-Absichten bzw. -Ansinnen für Lichterfelde-Süd dokumentiert.

  Lichterfelde-Süd / Giesensdorf
Ständig benachteiligt!
Eine Abrechnung
 
Dabei gilt der allgemeine CopyRight-Hinweis. Archivort ist Houston (USA), wo das „fair use“-Prinzip gilt. Hier sind dokumentiert und manches auch in [Ed:...] kommentiert:

I n h a l t :       2012       [Artikel-Übersicht 2012]
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S T A D T E N T W I C K L U N G   B E R L I N

Berlins verlorenes Jahrzehnt

Die Mietpreise steigen, die Wohnungsreserve ist aufgebraucht. Berlin muss in den Innenstadtbereichen endlich dichter werden. Dazu ist mühsame Kleinarbeit nötig. Der Senat muss handeln.

Aus:
Frankfurter Rundschau, Frankfurt am Main, 5. November 2012, Seite xx (Kultur). Von DIETER HOFFMANN-AXTHELM, geb. 1940. Er ist Architekturkritiker und Stadtplaner sowie zusammen mit Bernd Albers Autor des „Planwerks Innenstadt Berlin“. [Original]

BERLIN. Das Schönefeld-Debakel ist sicher das derzeit auffälligste Zeichen der Nonchalance der Berliner Stadtpolitik. Man kann ohne Übertreibung sagen: Einer Politik der nicht beherrschten Großprojekte, so auch in den Fällen Flughafen Tempelhof, A 100, ICC, Staatsoper. Ein anderes Merkzeichen ist unauffälliger, aber um so folgenreicher: Das auf dem Wohnungsmarkt unvermutet auftauchende Angebotsdefizit samt entsprechender Mietpreisentwicklung (allein von 2011 auf 2012 ein Anstieg um rund 8 Prozent). Und es wird uns wohl noch weit langfristiger beschäftigen als die Verzögerungen und Kostensteigerungen des Flughafenprojekts, es weist zurück auf 10 Jahre nicht geleisteter Stadtentwicklung [Ed: unter Rot-Rot] und eingesparter Flächenpolitik. Das ist nicht so schnell einzuholen.

Die Wohnungen werden knapp

Es wäre ein Fehler, bereits zu dramatisieren. Mit den innerstädtischen Knappheiten von München oder Frankfurt ist der Berliner Markt nach wie vor nicht vergleichbar. Relative Knappheit und steigendes Mietniveau sind zunächst einmal ein Zeichen dafür, dass Berlin gegenüber München, Frankfurt, Hamburg aufholt. Bis vor nicht langer Zeit waren die kontinuierlichen Mietpreissteigerungen auch kaum mehr als die unvermeidliche Reaktion auf den Ausstieg des Staates aus der Wohnungsförderung, anders gesagt, eine Anhebung auf das Niveau, welches Wohnungsbaugesellschaften wie Privaten bei Abwesenheit von Subventionen eine korrekte Instandhaltung erlaubt.

Dabei dienten insbesondere die ostberliner Großtafelviertel als Puffer, um soziale Schieflagen aufzufangen. Sprach man aber kurz vor dem Jahr 2000 noch von 200.000 leerstehenden Wohnungen, so verzeichnen die Berliner Wohnungsbaugesellschaften derzeit einen Leerstand von nur noch 3 Prozent. Wenn nach dem neuesten Wohnungsmarktbarometer der Investitionsbank Berlin (IBB) die Knappheit an Wohnungen im unteren Preissegment bereits Hellersdorf erreicht, dann heißt das, dass dieser Puffer inzwischen aufgezehrt ist. Im mittleren Preissegment sieht es nicht besser aus, deutlich entspanntere Lagen gibt es fast nur noch in den äußeren Bezirken.

Ohne Konflikt geht es nicht

Nun wäre es naiv, Knappheiten und Preissteigerungen einfach der Politik anzulasten. Unter halbwegs marktwirtschaftlichen Bedingungen kann sie das komplexe Spiel von Angebot und Nachfrage nur bedingt beeinflussen. Der klassische Zugang ist die gezielte Schaffung von Bauland für den Neubau. Dabei geht es, angesichts des eines Anteils von durchschnittlich nur 15 Prozent an den Baukosten, nur am Rande um Preisdämpfung. Entscheidend ist, dass der Druck auf die Altbauquartiere verringert wird, und damit die sozial verhängnisvolle Dynamik der Verdrängung.

Das Beispiel München zeigt nun zwar, dass selbst eine engagierte Flächenpolitik unter Umständen nicht stark genug ist, ein auch nur annäherndes Gleichgewicht herzustellen: Zu vehemente Nachfrage und zu geringe innerstädtische Flächenressourcen. Aber weder das eine noch das andere trifft in Berlin zu. Hier ist die relative Knappheit hausgemacht. Zum einen war die Berliner Liegenschaftspolitik bislang von der Stadtentwicklung abgekoppelt, verfolgte vielmehr ausschließlich fiskalische Ziele: Es wurde verkauft, um Einnahmen zu generieren, also an den Meistbietenden und bevorzugt an Großabnehmer. Damit hat man die Kontrolle, was und wo gebaut wird, an die großen Investoren abgegeben.

Zum andern aber gibt es die Stadtentwicklungspolitik nicht, die sich die Mühe machte, die enormen innerstädtischen Flächenressourcen Berlins zu mobilisieren. Und das ist seit 2001 Politikstil. Der Wowereit-Senat ist vom ersten Tage an mit dem Vorsatz angetreten, Planungskonflikte grundsätzlich zu vermeiden. Das ist, wie der Flugroutenprotest zeigte, schließlich doch nicht gelungen, hat aber zu einer langfristigen Lähmung der zuständigen Verwaltung geführt. So gibt es zwar in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Abteilung A, die den Auftrag zu Entwicklungsprognosen und -strategien hat, dem aber nicht nachkommt, indem ein uraltes Stadtentwicklungskonzept einfach nur mechanisch fortgeschrieben wird [Ed: wie allein schon aus dem "
StEP Wohnen" hervorgeht].

Kampf mit den Lobbys

Bewegung erzeugen nur Großinvestoren wie die Vivico [Ed: nunmehr die vom Senat hofierte „
CA Immo“] oder das Media-Spree-Bündnis, die Stadtentwicklung auf eigene Faust betreiben. Dabei geht es um zentral gelegene Brachflächen, die als Inseln mit funktional einseitigen und hochpreisigen Nutzungen entwickelt werden und, soweit überhaupt Wohnen angeboten wird, das Mengenproblem des Wohnungsmarktes nur marginal berühren.

Die entscheidenden innerstädtischen Flächenressourcen liegen aber woanders, nämlich im Bestand. Um sie zu heben, müsste man sich für eine entschlossene Verdichtungspolitik entscheiden. Das wäre nicht nur mühsame Feinarbeit, es griffe auch in Besitzstände und Flächenmonopole ein.

Man müsste sich mit mächtigen Interessengruppen wie der Verkehrslobby oder den Wohnungsgesellschaften auseinandersetzen, wie auch mit weniger mächtigen: mit grüner Bezirkspolitik, die Ökologie mit Grünanlagen verwechselt, Bewohnerinitiativen, die sofort gegen Verdichtungsabsichten auf die Barrikaden gehen, Kleingärtnern, die ihr Privileg, auf Kosten aller anderen innerstädtisch zu gärtnern, mit Klauen und Zähnen verteidigen, aber auch, sobald es um die Verdichtung der Siedlungsstrukturen des Wiederaufbaus geht, mit DDR-Nostalgikern und dogmatischen Verfechtern von offener Bauweise und Abstandsgrün. Es ginge also niemals ohne Konflikt, und das ist es, was der Wowereit-Senat vermeiden wollte.

Ausgequetschte Quartiere

Nun ist der Konflikt aber da. Und er entzündet sich nicht allgemein an den von der IBB diagnostizierten Knappheiten, sondern es geht um die aktuelle Verdrängungsdiskussion, das Gespenst der Gentrifizierung. Damit steht man nicht mehr vor einem statistischen Problem, sondern vor der konkreten Wirklichkeit des Wohnungsmarktes und seiner Komplexität. Es ist ja wenig aufschlussreich, abstrakt die Anzahl der Haushalte und die der verfügbarer Wohnungen zu konfrontieren, und sei es bezirksspezifisch: Auf dem Wohnungsmarkt geht alles darum, wo die Mehrheit der Nachfrager tatsächlich wohnen will und ob dort, und nicht nicht in den Großtafelsiedlungen im Norden, Osten, Süden oder Westen der Stadt, die nötige Anzahl an Wohnungen angeboten wird oder neu entsteht.

Schauen wir dort hin, wo tatsächlich Flächen knapp werden und die Mieten so schnell steigen, dass durchschnittliche Familien sie kaum mehr bezahlen können, Mitte und Prenzlauer Berg. „Mitte“ heißt hier: nicht Tiergarten, nicht Wedding, nicht einmal die westliche Luisenstadt mit ihren großen Verdichtungspotentialen, sondern Mitte Nord und das anschließende Prenzlauer Berg bis zur Bornholmer Straße. Dieser begehrte Stadtbereich ist in den letzten Jahren gleichsam wie eine Zitrone ausgequetscht worden, keine Lücke, die nicht derzeit bebaut würde. Und überall, wo es ähnlich attraktiv ist, zum Beispiel in der Flora- oder Parkstraße in Pankow, sieht es ähnlich aus.

Selbstverständlich ist hier aber schon seit der Wende verdrängt worden: Unvermeidliche Folge der damaligen politischen Entscheidung, alle verfügbaren öffentlichen Mittel in die öffentlichen Gesellschaften und damit in die östlichen Großtafelviertel zu stecken und die Sanierung von Mitte Nord, Prenzlauer Berg, Friedrichshain der privaten Initiative zu überlassen. Inzwischen geht es um das Eindringen immer größerer Cluster von Hochpreiswohnungen und den Umstand, dass die Verdrängung bereits auch die Verdränger der ersten Stunde trifft, und sie trifft nicht nur Bewohner, sondern auch Läden, die sich die steigenden Gewerbemieten nicht mehr leisten können, oder Clubs, die von einer immer ansprüchlicheren Bewohnerschaft nicht mehr toleriert werden.

Der Senat muss Handeln

Alles das war seit langem vorauszusehen. Bereits in den 90er Jahren war klar, dass es einen für Berlin neuartigen Bedarf an Zentralität und Urbanität gibt, der sich auch auf erhalten gebliebenen zentrumsnahen Altbaustrukturen niederschlug, so bescheiden oder heruntergekommen sie sein mochten: Die Rosenthaler Vorstadt etwa war bis in die 90er Jahre das subproletarische Berlin schlechthin, heute steht sie im Mittelpunkt der Begehrlichkeiten.

Das „Planwerk Innenstadt“ hatte seit 1995 den Versuch unternommen, Entlastungsflächen vorzuschlagen. Es ging dabei um die Reurbanisierung und Verdichtung des zentrumsnahen Nordostens, der ehemaligen Königsstadt, des Stralauer Viertels und der zwischen Kreuzberg und Mitte geteilten westlichen Luisenstadt. Dieser Versuch ist damals an einem engen Bündnis von Westberliner Gleichgültigkeit, Verkehrslobbyismus und Ostberliner Planungswiderstand gescheitert.

Mit dem Ergebnis, das wir heute haben, der verdrängenden Nobilitierung von Mitte, Nord und Prenzlauer Berg und einer nahezu vollständigen Stagnation, sobald man vom Alexanderplatz her einen Schritt nach Osten über die Scheidelinie an Gruner- und Otto-Braun-Straße hinaus geht. Und nicht zuletzt trägt die Weigerung des Senats dazu bei, sich an einen Wiederaufbau der Berliner Altstadt zwischen Fernsehturm und Mühlendamm zu machen, die größte Zentralitätsressource, die Berlin überhaupt besitzt.

Die laufende Gentrifizierungsdebatte zwang nun den Senat zum Handeln: So setzt der derzeitige Bausenator auf ein „Bündnis für soziale Wohnungspolitik“. Das geht schon dadurch am Problem vorbei, dass es ausschließlich die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften einbegreift. Das ist der vertraute Westberliner SPD-Reflex aus den alten Zeiten, als das Geld noch aus Bonn kam. Es ist aber keineswegs klar, ob und wie weit die Gesellschaften tatsächlich mitziehen werden und ob, falls sie das tun, die dadurch für Berlin entstehenden Einnahmeverluste, angesichts der nach wie vor hohen Verschuldung der Stadt, politisch durchzuhalten sind.

Soziale Mischung sichern

Vor allem aber ist nicht zu sehen, wie man damit die Dynamik der Verdrängung, und das heißt, der weitgehenden sozialen Homogenisierung der Gentrifizierungsviertel, erfolgreich bekämpfen kann. Das quantitative Problem der Knappheiten und Mietpreissteigerungen ist ja keineswegs identisch mit dem Verdrängungsproblem, so sehr beides aufeinander bezogen ist.

Der Homogenisierungsprozess ist ein Lagephänomen, also nur durch lokale Kleinarbeit zu bewältigen. Und zwar nach beiden Seiten des innerstädtischen Bestandes. Zum einen müsste, wo immer möglich, in den begehrten gentrifizierungsbedrohten Lagen jede derzeit noch verfügbare Fläche bis hin zur einzelnen Baulücke für einen sozialverträglicheren Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden; und es müssten umgekehrt die sozial abgehängten Viertel zu ihrem eigenen Vorteil für die Implantation von hochpreisigem Wohnen geöffnet werden.

Diese Liegenschaftspolitik hätte sich vor allem auch gegen die Bezirke und die landeseigenen Gesellschaften durchzusetzen; sie müsste die Bedienung von Großinvestoren mit ihren mechanischen Masterplänen durch planungsrechtliche Sicherung von Kleinteiligkeit und Nutzervielfalt ersetzen; und sie hätte auf eine möglichste Vielzahl von Akteuren zuzugreifen, auf Private, Baugruppen, Genossenschaften, vielleicht auch Sozialverbände. Erst so bekäme die soziale Mischung, die einmal das alte Berlin und dann wieder den DDR-Wohnungsbau kennzeichnete, die man derzeit aber nur als Worthülse hoch hält, wieder eine gewisse Chance.

Umkehrung der Wohnwünsche

Damit ist das quantitative Problem keineswegs erledigt. Wenn man davon ausgehen darf, dass die Zuwanderung hochqualifizierter Nutzungen und Wohnbedarfe anhält, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass Berlin irgendwann die Probleme von Frankfurt oder München bekommt. Für diese Möglichkeit müsste langfristig Vorsorge getrieben werden. Eine nach vorne blickende Stadtpolitik würde also noch viel weiter gehen müssen: Man hat es ja nicht nur mit der wachsenden Hauptstadtattraktivität zu tun, sondern auch mit dem allgemeinen Phänomen einer mehrheitlichen Umkehrung der Wohnwünsche, einer Rückwendung aus der Peripherie in die Innenstädte.

Berlin hätte also nicht nur die Aufgabe, die internen Flächenressourcen, ob Hansaviertel oder Karl-Marx-Allee und Stralauer Vorstadt, zu mobilisieren, sondern sich Gedanken über eine Erweiterung der Ressource Innenstadt zu machen, die bislang auf das Stadtgebiet innerhalb des Ringes beschränkt ist. Der
Planungsvorschlag dazu war frühzeitig da, er ist aber in der Senatsverwaltung nicht einmal begriffen worden [Ed: und stattdessen fabriziert Berlins Senat Pläne, wie man am Stadtrand wertvolle Natur zerstören kann].



S T A D T E N T W I C K L U N G   B E R L I N

Land steckt Millionen in Europacity

Steuergeld für Straßenbau in Moabiter Viertel / [Ed: Berlin verzichtet auf Abschöpfung von Investorengewinnen der CA-Immo].

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 6. Noember 2012, Seite 8 (Berlin). [Original]

BERLIN (Tsp). Der Senat unterstützt mit Millionenbeträgen das nördlich vom Hauptbahnhof gelegene Entwicklungsgebiet des privaten Großinvestors CA-Immo. Mehr als 20 Millionen Euro fließen aus Landeskassen in den Umbau der Heidestraße, in die Grünanlagen und Plätze der „Europacity“, deren Flächen von der CA-Immo mit Gewinn an Bauträger weiterverkauft werden. Dabei galt bisher die Regel, dass ein Teil dieser Investorengewinne, die die Landesplanungen überhaupt erst möglich machen, abgeschöpft werden zur Bezahlung der Infrastruktur.

Der Senat zahlt die Millionen, obwohl Haushaltsnotstand herrscht und das nahe am Regierungsviertel liegende Gebiet sehr attraktiv für Investoren ist und nicht zusätzlich gefördert werden muss.

„Man gewinnt den Eindruck, dass niemand im Senat die Höhe der offenen Schecks überblickt“, sagt Antje Kapek, die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Abgeordnetenhaus. Allein für den Ausbau der Heidestraße, die das Gebiet der Europacity von Norden nach Süden durchzieht, will der Senat 10,71 Millionen Euro ausgeben, von denen der private Investor knapp ein Drittel (3,71 Millionen Euro) übernimmt. Dies gab Senatsbaudirektorin Regula Lüscher bekannt.

Den Grünen zufolge ist das nur ein Teil der offenen Rechnungen für die Entwicklung der Europa-City: Den Europaplatz Nord lasse sich der Senat weitere 2,7 Millionen Euro kosten. Zur Kasse gebeten werde der Steuerzahler auch für Grünanlagen mit rund 17 Millionen Euro, denn den Betrag müssten der Bund und Berlin jeweils zur Hälfte tragen. Die Finanzierung von Schulen, Kitas und Fahrradwegen sei außerdem noch nicht geklärt. „Nicht ungewöhnlich“ nennt dagegen Stefan Evers, Stadtentwicklungsexperte der CDU, dass das Land einen Anteil der Erschließungskosten übernimmt. CA-Immo und Senat äußerten sich bis Redaktionsschluss nicht.



L I C H T E R F E L D E - S Ü D

„Kein Billigwohnungsbau“

Groth Gruppe stellte erste Ideen für Parks Range vor.

Aus:
Stadtrand-Nachrichten (Steglitz-Zehlendorf), 7. November 2012, xx.xx Uhr MEZ (Aktuell, Politik). [Original]

LICHTERFELDE (go). „Ein Grundstück, das so oft geplant wurde, ist uns noch nicht begegnet“ – das Grundstück, das Klaus Groth meint, ist Parks Range. Und die Planungen gehen weiter, mittlerweile von der Groth Gruppe, dessen Sprecher der Geschäftsführung Klaus Groth ist. Am Dienstagabend [6.11.2012] war er zu Gast im Stadtentwicklungsausschuss, um erstmals die Ideen des Unternehmens zu präsentieren.

Viel zu erzählen gab es für Groth allerdings noch nicht, denn wie er sagte, finde derzeit erst einmal eine Bestandsaufnahme statt. Die soziale und technische Infrastruktur werde dabei genauso beleuchtet wie die Aspekte des Naturschutzes auf dem ehemaligen Übungsplatz der amerikanischen Streitkräfte. Die Gutachten sollen im ersten Quartal des kommenden Jahres vorliegen.

Was Groth aber sagen konnte, war, dass ein Wohnquartier entstehen soll mit 1.500 bis 3.000 Wohneinheiten. Ökologisches Bauen und die Versorgung mit regenerativen Energien sollen dabei im Vordergrund stehen. Wie es mit der sozialen Mischung in diesem Wohngebiet aussehen soll, wollte Georg Boroviczény (Piraten) wissen. Man strebe eine „gesunde Mischung“ an, so Groth, aber es werde „kein Billigwohnungsbau“ werden.

Wert lege man bei der Planung auch auf die Schaffung von öffentlichen Räumen, erklärte Groth. So gebe es die Idee, einen Stadtplatz zu schaffen. Diese Idee berge aber ein „hohes Risiko, wenn der Platz nicht frequentiert wird“. Auch die Problematik Kita und Schule werde derzeit untersucht, so der Sprecher.

Wie die Ausgestaltung des neuen Areals genau erfolgen soll, das sollen Workshops zeigen, die gestartet werden können, wenn die Gutachten vorliegen. Das Planungsverfahren sei für Ende 2014/Anfang 2015 anvisiert, Baubeginn soll im Herbst 2015 sein.

Eine der wichtigsten Frage bei Parks Range ist die nach dem Landschaftspark. 60 Hektar sollen dafür nach Groths Aussagen erhalten bleiben. Der Park soll an eine Trägergesellschaft gehen, die die inhaltliche Ausgestaltung und Bewirtschaftung des Areals übernehmen soll. Auf Nachfrage aus dem Ausschuss bestätigte Groth, dass man sich im Gespräch befinde mit dem Holderhof, der ein Teil des Areals nutzt und dessen Pferde dort als „Landschaftspfleger“ im Einsatz sind. [mehr]



Preisträger des Berliner Umweltpreises 2012:

GroßstadtWildnis Lichterfelder Weidelandschaft,
Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd,
Juniorfirma Solar Systems und Oktoberdruck AG.

Aus:
BUND-Berlin –, 8. November 2012, 19.00 Uhr MEZ (Presse-Info). [Original]

D er Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) hat den Berliner Umweltpreis zum achten Mal vergeben. In drei Kategorien wurden hervorragende, beispielgebende und bisher einmalige Leistungen im Roten Rathaus geehrt.

Preisträger in der Kategorie „Kinder und Jugend“ ist die Juniorfirma Solarsystems am Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Dienstleistungen in Pankow. In der Kategorie „Umweltengagement“ wurde das Projekt GroßstadtWildnis Lichterfelder Weidelandschaft und das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd ausgezeichnet und in der Kategorie „Wirtschaft und Innovation“ überzeugte die Oktoberdruck AG.

Die Jury wählte unter knapp 30 qualifizierten Bewerbungen die Preisträger aus. Bewertungskriterien waren neben positiven Effekten für die Umwelt die Vorbildfunktion und der Berlin-Bezug.

Die Preisträger der Kategorie „Umweltengagement“ erhielten 3.000 Euro als Preisgeld. Die Juniorfirma Solar Systems freute sich über 1.000 Euro.


Kategorie „Umweltengagement“:
Das Projekt „GroßstadtWildnis Lichterfelder Weidelandschaft“
und das „Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd“

Wo einst amerikanische Truppen den Nahkampf übten und Panzer das Gelände pflügten, grasen heute die Pferde der Reitgemeinschaft Holderhof. Auf der 100 Hektar großen Fläche in Lichterfelde-Süd, die seit Räumung durch das Militär 1994 der Öffentlichkeit verschlossen blieb, sollte durch die Beweidung zunächst nur störender Gehölzaufwuchs verhindert werden, um das Gelände freizuhalten.

Seit Mitte der 1990er Jahre gab es immer wieder Planungen, die freie Fläche gewinnbringend zu nutzen – Eigentumswohnungen, Gewerbe, Golfplatz. Was konstant blieb, war die ganzjährige Beweidung mit Pferden durch Anne Loba und ihre Reitgemeinschaft. Durch diese extensive Nutzung konnte sich eine wertvolle kleinteilige Biotopstruktur entwickeln, die vielen seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum gibt und in der Großstadt eine Ausnahme darstellt. Gutachten haben den hohen ökologischen Wert der Lichterfelder Weidelandschaft bestätigt. Auf geführten Wanderungen wird das Gelände Naturinteressierten zugänglich gemacht.

Das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd, gegründet 2010 von Anwohnern, Umweltinitiativen, Vereinen und Aktivisten setzt es sich für einen Landschaftspark ein. Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Stadtteils Lichterfelde-Süd argumentieren sie für eine sozialverträgliche Bebauung mit Wohnungen lediglich entlang der vorhandenen Straßen und auf aufgelassenen Gewerbeflächen. Die zentralen und ökologisch wertvollen Bereiche sollen als Landschaftsschutzgebiet gesichert werden.

Die Laudatio für die das Projekt „GroßstadtWildnis Lichterfelder Weidelandschaft“ und für das „Aktionsbündnis Landschaftspark Süd“ hielt der Berliner Naturschutzbeauftragte Prof. Dr. Ingo Kowarik. [
Presse-Info in PDF] [mehr]



L I C H T E R F E L D E - S ÜD

Gefahren der Großstadtwildnis

Der BUND hat den Landschaftspark Lichterfelde Süd mit dem Umweltpreis ausgezeichnet – doch bald soll hier gebaut werden. Ein Besuch auf der Pferdekoppel.

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 10. November 2012, Seite 18 (Berlin). [Original]

BERLIN (Tsp). Die Mauer fiel vor 23 Jahren, aber der Stacheldrahtzaun um diesen geheimnisvollen Quadratkilometer im Berliner Süden steht immer noch. Dickicht behindert den Blick auf das Gelände, das in Stadtplänen ein weißer Fleck ist. Mit Glück oder Räuberleiter lässt sich ein Blick auf Pferde erhaschen, die durch die halb offene Weide- und Heidelandschaft im Inneren der Umzäunung stieben. Die hat sich zu einem der ökologisch wertvollsten Flecken Berlins entwickelt: 861 Arten, steht in einem Gutachten des Landesbeauftragen für Naturschutz. „Der Eigentümer“ verbietet auf Schildern am Zaun das Betreten, ohne sich zu erkennen zu geben. Das vermeidet häufigen Schildertausch, wenn mal wieder der Eigentümer wechselt.

Erst übte die US-Army hier in Lichterfelde Süd den Häuserkampf. Dann ging es zurück an die Bahn, deren Immobiliengesellschaft Vivico, deren Nachfolger CA Immo – und jetzt an die Groth-Gruppe, die Quartiere wie das um die CDU-Zentrale am Tiergarten und das gegenüber gelegene Köbis- Dreieck errichtet hat. Dass Groth ein Gelände kauft, weil dort 51 Vogelarten brüten sowie 387 verschiedene Farne und Blühpflanzen wachsen, wäre neu.

Insofern ist es Anerkennung und Mahnung zugleich, dass der Naturschutzverband BUND seinen diesjährigen Umweltpreis für bürgerschaftliches Engagement jetzt denen verliehen hat, die sich bisher um das Areal kümmern: Dem „Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd“ und dem Projekt „Großstadtwildnis Lichterfelder Weidelandschaft“.

Letzteres erreicht man über ein Tor im Zaun an der Réaumurstraße. Wo die Thermometersiedlung mit ihren Wohntürmen nach Süden hin endet, beginnt das Revier von Anne Loba und der „Reitgemeinschaft Holderhof“. Die Tiermedizinerin hält etwa 40 Pferde auf Teilflächen des früheren Militärgebietes. Eine Zwischennutzung, seit 22 Jahren. „Ein Angebot an Berlin, den Bezirk und den Eigentümer“, sagt Loba. Ein Angebot, für das sie Miete zahlt und den Preis, praktisch ohne Einkünfte zu leben. Die Pferde sind das Jahr über draußen und werden „von Menschen geritten, die sich kein eigenes Pferd leisten können“, sagt Loba [Ed: die bereits im August 2012 für ihr langjähriges Engagement mit der Bezirksmedaille der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf ausgezeichnet wurde].

Ihren Lebensabend fristen die Tiere als Rasenmäher. Sie halten die Landschaft offen, die sonst zu Wald werden würde. Anne Loba hilft nur sporadisch mit der Astschere nach, um beispielsweise Robinien zu kappen, deren ungenießbare Rinde kein Pferd anrührt. Mobile Zäune hindern die Tiere daran, einen Ort zu sehr zu strapazieren, und sichern so die Artenvielfalt. Und ersparen möglicherweise einem Investor den Ärger, den er sich durch die Abholzung eines sonst hier gewachsenen Waldes einhandeln würde. Erfahrungsgemäß treibt eine große Eiche die Menschen stärker um als die mehr als 100 überwiegend kleinen Pflanzen- und Tierarten hier, die auf der Roten Liste stehen.

Die Nachbarn dürfen das Gelände nur bei geführten Touren erkunden. Uwe Stenzel vom Aktionsbündnis Lichterfelde Süd sagt, das Areal solle „mit einer sehr kontrollierten Nutzung behutsam geöffnet“ werden, etwa bei Veranstaltungen mit Bezug zur Natur. Der Zaun solle ebenso bleiben wie die Pferde. Langfristig schwebt dem Bündnis eine Nutzung wie die des Schöneberger Südgeländes vor, in dem tags eine Parkordnung gilt und nachts die Türen zu sind. Neubauten will das Bündnis auf die nördlichen und westlichen Ränder des Geländes beschränken, wo bereits Gewerbebetriebe existieren und die Anhalter Bahn vorbeirauscht.

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Die Bezirkspolitiker weiß das Bündnis einhellig hinter sich. „Damit, dass sogar die CDU zu uns überläuft, hatten wir nicht gerechnet“, sagt Stenzel. Im Büro von Stadtentwicklungsstadtrat Norbert Schmidt (CDU) heißt es, dass rund zwei Drittel der Fläche „schützenswert und nicht bebaubar seien“. Wenn der Bezirk Baurecht schafft, würden in jedem Fall die Bürger beteiligt. Allerdings könnte der Senat die Planung an sich ziehen, weil er den Bau möglichst vieler Wohnungen für gesamtstädtisch bedeutsam hält [Ed: hm, der Senat hat doch noch gar nicht das große Wohnungsbaupotential in Berlins Innenstadt genutzt, wie uns unlängst Hoffmann-Axthelm aufklärte]. Frühere Pläne sahen bis zu 5.000 Wohnungen auf dem Gelände vor.

Die Groth-Gruppe, die die 96 Hektar Anfang Oktober übernommen hat, verweist auf den Flächennutzungsplan von 1994 [FNP], der eine Wohn-, Misch- und Gewerbenutzung vorsieht. „Derzeit werden die Planungsvoraussetzungen für eine Wohnbebauung erarbeitet“, heißt es. „Alle Beteiligten gehen von einem Baustart im Herbst 2015 aus.“ [mehr]

[Kritik am derzeitigen FNP für Lichterfelde-Süd]
[Plan-Vorstellung der Groth-Gruppe vom 6.11.2012]



W O H N U N G S B A U P O L I T I K

Berlin plant neuen sozialen Wohnungsbau

Senat entwickelt Förderprogramm ab 2014 / Mietsteigerungen heute Thema bei Konferenz im Parlament.

    Lange Tradition
Aus: Tagesspiegel, 13.11.2012, Seite 6.
Die ungeliebte, weil teure Politik des sozialen Wohnungsbaus erhält eine zweite Chance. Diesmal muss es jedoch anders gemacht werden.

Das Credo der Ex-Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) klingt noch nach: Von einer „angespannten Lage“ auf dem Berliner Wohnungsmarkt könne keine Rede sein. Ihr Nachfolger Michael Müller (SPD) schwenkte langsam um. Sein Staatssekretär darf nun einen Tabubruch verkünden: Die ungeliebte, weil teure Politik des sozialen Wohnungsbaus erhält eine zweite Chance. Wie viel Geld tatsächlich ab 2014 zur Verfügung stehen wird, ist noch unsicher. Aber der politische Wille ist da, es diesmal besser und vor allem billiger hinzukriegen. Die Zeit drängt, denn Berlin wächst. Der soziale Wohnungsbau hat in Berlin eine lange Tradition, die nach dem Krieg mit den Großsiedlungen in Gropiusstadt und dem Märkischen Viertel verbunden ist.

Das Modell entwickelte sich für Investoren zu einer sicheren Geldanlage, und die Baupreise lagen regelmäßig über dem marktüblichen Niveau. Das rechnete sich für die Baufirmen und die Investoren gleichermaßen. Auch dadurch wurde der subventionierte Wohnungsbau diskreditiert. Finanzsenator Thilo Sarrazin, auch er von der SPD, zog 2003 die Reißleine. Die Anschluss- Förderung wurde gekappt, mit fatalen Folgen für Kapitalanleger, aber auch für die Mieter. Solche Konstruktionsfehler darf es diesmal nicht geben. (loy)
Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 13. November 2012, Seite 1 (Hauptartikel). [Original]

BERLIN (Tsp). Der Berliner Senat will ein neues Förderprogramm für den sozialen Wohnungsbau auflegen. „Ab 2014 könnten wir in die Neubauförderung einsteigen“, sagte Ephraim Gothe (SPD), Staatssekretär für Stadtentwicklung, dem Tagesspiegel. Entsprechende Vorschläge sollen in den kommenden Wochen in Senat und Abgeordnetenhaus diskutiert werden. Damit reagiert die rot-schwarze Koalition auf die aktuelle Debatte um steigende Mieten und einen sich verschärfenden Mangel an bezahlbaren Wohnungen in der Stadt. Bisher hatte der Senat Forderungen nach einer Neuauflage des sozialen Wohnungsbaus immer mit dem Verweis auf die schwierige Haushaltslage und eine nicht vorhandene Notlage auf dem Wohnungsmarkt abgelehnt [Ed: und es wurde sogar unter Rot-Rot zugelassen, daß preiswerter Wohnraum vernichtet (abgerissen) werden konnte...].

„In den vergangenen 3 Jahren sind 70.000 Menschen zusätzlich nach Berlin gekommen. Diese Entwicklung kann man nur über Neubau lösen“, sagte Gothe. Das Ziel sei weiterhin, rund 6.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen. Ein Großteil davon werde von privater Seite gebaut. Dabei sind die Möglichkeiten, auf die Mieten Einfluss zu nehmen, eher gering. Deshalb soll nun mit öffentlichen Mitteln nachgeholfen werden. Zunächst könnte ein Bundeszuschuss für den Wohnungsbau von 33 Millionen Euro jährlich dafür verwendet werden, sagte Gothe. Ab 2016 würden auch Mittel aus dem alten Förderprogramm frei, das langsam ausläuft. Der Landeshaushalt würde nur mittelbar belastet.

Vorbild für das Förderprogramm ist das „Hamburger Modell“. Zinsverbilligte Darlehen werden mit einer Laufzeit von 15 Jahren an private Investoren gegeben. Im Gegenzug verpflichten sich diese, die Mieten zu dämpfen. Angepeilt wird eine Nettokaltmiete von 6 Euro pro Quadratmeter. Zusätzlich sollen über den Liegenschaftsfonds 21 Grundstücke zu vergünstigten Konditionen an die 6 städtischen Wohnungsbaugesellschaften abgegeben werden. Auf diesen Flächen sollen die Gesellschaften Wohnungen bauen und – abhängig von Lage und Ausstattung – zu unterschiedlichen Mietkonditionen an den Markt bringen.

An diesem Dienstag [13.11.2012] nimmt Gothe an einer Konferenz zur Mietenproblematik im Abgeordnetenhaus teil. Dort will ein Netzwerk betroffener Mieter juristische Möglichkeiten vorstellen, um die teilweise drastischen Mietsteigerungen nach dem Auslaufen der alten Wohnungsbauförderung zu mindern. [mehr]



B E R L I N   L I C H T E R F E L D E

Angst vor neuen Hochhäusern

Auf einem früheren Militärgelände in Lichterfelde sollen bis zu 3.000 Wohnungen entstehen.

Aus:
Berliner Zeitung, 13. November 2012, Seite xx (Berlin). [Original]

BERLIN-LICHTERFELDE (hö). Es wäre eines der größten Wohnungsbauprojekte in Berlin. Aber es gibt Streit: Der Bezirk fühlt sich übergangen – und wünscht eine behutsamere Bebauung.

Wo früher die Panzer der Amerikaner rollten und Soldaten den Häuserkampf gegen sowjetischen Invasoren probten, ist in den vergangenen 20 Jahren viel Gras gewachsen. Das 100 Hektar große Gelände nahe der Osdorfer Straße in Lichterfelde-Süd ist eine grüne Idylle, es haben sich seltene Tierarten angesiedelt, und Pferde einer Reitgemeinschaft weiden auf den Wiesen. Doch das kleine Paradies mit dem Namen „Parks Range“ ist nur ein Provisorium, denn das Gelände soll mit Wohnungen bebaut werden, vielen Wohnungen. Von 1.500 bis 3.000 ist die Rede. Es wäre damit eines der größten Wohnungsbauprojekte in Berlin.

Die ersten Überlegungen dafür gab es schon in den 90er Jahren. Doch nun beginnen konkrete Planungen. Und mit ihnen wird der alte Streit über die Zukunft des Areals lauter. Die Berliner Stadtentwicklungsverwaltung setzt offenbar voll auf das Gelände, mit möglichst flächendeckender Bebauung. Will der Senat doch angesichts der Wohnungsknappheit pro Jahr 6.000 neue Wohnungen errichten, und das bei ebenso knappem Baugrund.

Artenreiche Weiden- und Waldlandschaft

Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, der die Planungshoheit hat, fühlt man sich allerdings übergangen. Gab es in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vor 2 Jahren noch parteiübergreifende Zustimmung zu einer weitgehenden Bebauung, ist man davon mittlerweile abgerückt. Erst kürzlich hatte Bezirksbürgermeister Norbert Kopp (CDU), der mit einer schwarz-grünen Zählgemeinschaft regiert, betont, dass er die Größenordnung von 3.000 Wohnungen ablehne. Das sehen auch die Grünen so: „Wir wünschen uns eine behutsame Bebauung“, sagt Maren Schellenberg, Sprecherin für Stadtplanung. Eine „zweite Thermometer-Siedlung“ sei zu vermeiden, sagt Schellenberg mit Blick auf die benachbarte Hochhaussiedlung. Ebenso überteuerter Wohnraum.

Der Sinneswandel könnte auch mit dem Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde-Süd zu tun haben, das sich seit 2010 für den Erhalt der Grünfläche einsetzt. Die Initiative, erst vergangene Woche mit dem Umweltpreis des Naturschutzverbands BUND ausgezeichnet, verweist auf die
artenreiche Weide- und Waldlandschaft, die sich dort entwickelt hat.

Teile der Fläche könnten in ein Naherholungsgebiet umgewandelt werden, das die Lichterfelder, vor allem die Bewohner der Hochhaussiedlung, aus Sicht des Aktionsbündnisses dringend benötigen. „Wir befürworten Wohnbebauung zwar, aber nur in kleinem Umfang entlang der Réaumurstraße“, sagt Gerhard Niebergall von der Initiative. Auch wegen des zu befürchtenden Verkehrskollapses.

Klaus Groth, Chef der Groth Gruppe, die seit Juli Eigentümerin des Geländes ist, erschien jüngst im Steglitz-Zehlendorfer Stadtplanungsausschuss und betonte, eng mit dem Bezirk zusammenarbeiten zu wollen. „Wir wollen eine Verbindung aus Wohnen, Arbeiten und Natur“, sagte er. 50 bis 60 Hektar könnten als Grünfläche erhalten bleiben.

Die Signale sind widersprüchlich

    100 Hektar zum Schnäppchenpreis?
Aus: Berliner Zeitung, 13.11.2012.
Paketverkauf

Im Juli hat der bisherige Eigentümer CA Immo das Gelände an die Groth Gruppe verkauft. Da es Teil eines Paketverkaufs war, ist der genaue Preis unbekannt. Das Aktionsbündnis Landschaftspark will aber ausgerechnet haben, dass Groth je Quadratmeter gerade etwa 10 Euro bezahlt hat — ein Schnäppchen.

Bebauung

Pläne für das Areal gibt es schon seit Jahren. Erst waren 5.000 Wohnungen für Bonner Beamte im Gespräch. Dann ein 18-Loch-Golfplatz und ein Gewerbegebiet. Auch ein Erlebnispark wurde diskutiert. Groth plant Wohnungen — eine Hälfte für Mieter, eine Hälfte Eigentum.
Wie viele Wohnungen auf dem restlichen Areal entstehen würden, will Groth von Gutachten zu den Naturschutzzonen abhängig machen, die Ende Dezember vorliegen sollen. Im zweiten Quartal 2013, hofft Groth, könnten erste Planungsworkshops mit Bezirk und Senat beginnen. Baubeginn wäre nach seinem Zeitplan im Sommer 2015.

Doch dem steht der Konflikt zwischen Bezirk und Land im Weg. Der zuständige Staatssekretär bei der Stadtentwicklungsverwaltung, Ephraim Gothe (SPD), hatte zwar im August noch beteuert, bei der Flächennutzungsplanung nicht gegen den Widerstand des Bezirks agieren zu wollen. Doch hinter den Kulissen soll seine Behörde weiter an der intensiven Bebauung festhalten, heißt es. Und die Signale sind widersprüchlich. Kürzlich hatte Gothe ein vom Bezirk beauftragtes
Planungsbüro in die Senatsverwaltung bestellt – unter Ausschluss des Bezirks, der darin einen Affront sieht. Gothe selbst wollte sich dazu nicht äußern.

„Wir befürchten, dass der Senat das an sich ziehen will“, sagt Schellenberg. CDU-Fraktionschef Torsten Hippe formuliert es noch deutlicher: „Wenn die Senatsverwaltung plant, uns die Hoheit aus der Hand zu nehmen, wird es hier schärfste Reaktionen aus der Politik und von den Bürgern geben.“ Im Oktober hatte er in einer BVV-Anfrage der CDU Sorgen vor einer „Fortsetzung der Thermometersiedlung“ geäußert und dies als „reaktionäre SPD-Baupolitik“ gegeißelt.

Jetzt hat die BVV zunächst selbst Fakten geschaffen. Das Bezirksamt wurde ersucht, ein Landschaftsplanverfahren einzuleiten. Im Vordergrund steht dabei — die Natur [Ed: denn alle Senatsplanungen seit 1994 basieren nicht auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen über den Natur-Bestand in Lichterfelde-Süd, sondern auf Gefälligkeits-Überlegungen für den jeweiligen Investor]. [mehr]



W O H N U N G S B A U P O L I T I K

Sozialwohnungen auf dem Flugfeld

Auch die CDU zeigt Sympathie für Subventionierung von Neubauprojekten / Tempelhof und Tegel sind als Areale im Gespräch, ebenso verschiedene Kleingartenkolonien [Ed: und was ist mit dem unbebauten Marx-Engels-Forum am Roten Rathaus?].

Aus:
Der Tagesspiegel, Berlin, 14. November 2012, Seite 7 (Berlin). [Original]

BERLIN (Tsp). 2000 Sozialwohnungen im Jahr kosten den Steuerzahler 104 Millionen Euro – das ist die Hamburger Erfahrung. Dort hat der soziale Wohnungsbau schon begonnen, der jetzt auch in Berlin favorisiert wird. Das Thema sei „Chefsache“, heißt es aus der Verwaltung von Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Die zuständigen Beamten wurden aufgefordert, nach geeigneten städtischen Grundstücken zu suchen. [Einige Anregungen]

Neben dem Tempelhofer Feld und Noch-Flughafen Tegel sind auch Kleingartenanlagen ins Visier der Immobilienscouts geraten. Interessant wären beispielsweise die Kleingärten am Priesterweg in Schöneberg und am Spandauer Damm in Charlottenburg, heißt es aus dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmer (BBU). Dessen Vorsitzende, Maren Kern, fordert gar neue Großsiedlungen zu bauen statt immer nur Lücken im Stadtgrundriss zu füllen. Der von Müllers Staatssekretär Ephraim Gothe (SPD) angekündigte Wiedereinstieg in den sozialen Wohnungsbau sei „ein guter Ansatz“, sagte ein BBU-Sprecher.

Auch der Koalitionspartner CDU beschäftigt sich „bereits seit zwei Jahren“ mit dem Hamburger Modell, sagt der baupolitische Sprecher Matthias Brauner. „Ohne Neubauförderung kommen wir nicht zurande.“ Die Senatsoffensive begrüßt er ausdrücklich. Ein ähnliches Papier habe er selbst in der Schublade. Demnächst will Brauner es seiner Fraktion vorstellen. Die schwierigste Klippe sei die Finanzierung. Die 30 Millionen Euro Bundeszuschüsse für den Wohnungsbau, die Gothe für die neue Förderung abzweigen will, würden ja an anderer Stelle im Haushalt fehlen. Das Niveau des Hamburger Modells werde man ohnehin nicht erreichen.

Wie sieht das Modell überhaupt aus?

Private Investoren kaufen städtische Grundstücke in guter Lage und verpflichten sich, ein Drittel der geplanten Wohnungen als Sozialwohnungen zu bauen. Dafür erhalten sie zinsgünstige Darlehen vom Land und eine jährliche Mietsubvention, mit der die Kaltmiete sich auf derzeit 5,90 Euro für den Quadratmeter reduziert. Ein Teil der Sozialwohnungen sollen für 8 Euro kalt angeboten werden, um Wohnraum für Familien mit durchschnittlichem Einkommen zu schaffen. Interessant ist das hanseatische Vorbild laut Gothe vor allem deswegen, weil die Sozialwohnungen überwiegend in die Regie der städtischen Wohnungsbaugesellschaften übergehen.

Für die Veranstalter der von Mieterinitiativen organisierten Mietenkonferenz im Abgeordnetenhaus standen am Dienstag [13.11.2012] vor allem Sofortmaßnahmen gegen steigende Mieten in den rund 150.000 Berliner Sozialwohnungen im Mittelpunkt. Besonders betroffen seien Mieter in den 28.000 Wohnungen, die aus der Anschlussförderung herausgefallen sind. Seit dem Wegfall der Förderung müssen Mieter in einigen Fällen die Differenz zwischen Kosten- und Sozialmiete aus eigener Tasche zahlen. Das habe zur Folge, dass in Sozialwohnungen mittlerweile bis zu 13 Euro pro Quadratmeter verlangt werden, kritisierte Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. Er forderte eine staatlich festgelegte Miete von rund 5 Euro pro Quadratmeter.

Nach Ansicht von Martin Schwab, Dekan der juristischen Fakultät der FU, ist das heutige Mietenproblem auch deshalb entstanden, weil die Baukosten im sozialen Wohnungsbau der 80er und 90er Jahre „künstlich aufgebläht“ wurden und bis heute über die Mieten abbezahlt werden. „Es gab keine echte Kontrolle der Baukosten“, sagte Schwab. Genau das müsse jetzt nachgeholt werden.

Schwab schlägt eine gesetzliche Regelung vor, nach der die Kostenmiete erst erhoben werden darf, wenn der Vermieter seine tatsächlichen Baukosten nachgewiesen hat. Eine weitere Möglichkeit wäre, auf die Rückzahlung von Darlehen zu verzichten, die durch die Insolvenz von Alteigentümern ohnehin nicht mehr einzutreiben sind. „Berlin kann etwas für die Mieter tun – wenn es denn möchte.“

Der Mieteraktivist Sebastian Jung wies darauf hin, dass auch mit einer Änderung des Wohnraumgesetzes die weitere Verdrängung von Mietern gestoppt werden könne. Beim Verkauf von Häusern, die nicht mehr gefördert werden, müssten die alten Sozialmieten und Belegungsrechte erhalten bleiben. Bisher ist das nicht vorgesehen.



Lichterfelder Projekte ausgezeichnet

Umweltpreis für den Schutz des Parks Range.

Aus:
Berliner Woche (Ausgabe Steglitz-Süd) – Nr. 46/2012, 14. November 2012, Seite 2 (Lokales). Wiedergegeben ist hier der Text der Online-Fassung (Print-Fassung ist etwas gekürzt). [Original]

LICHTERFELDE (KM). Großer Bahnhof im Roten Rathaus: Am 8. November wurde der Berliner Umweltpreis in drei Kategorien an Berliner Projekte und Initiativen vergeben. Darunter waren auch zwei Projekte aus dem Bezirk. In der Kategorie "Umweltengagement" teilten sich das Projekt Großstadtwildnis Lichterfelder Weidelandschaft und das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd den Preis des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Ausgewählt wurden die Preisträger von einer Jury unter knapp 30 qualifizierten Bewerbungen. Bewerbungskriterien waren neben positiven Effekten für die Umwelt die Vorbildfunktion und der Berlin-Bezug. Die Preisträger erhielten 3.000 Euro als Preisgeld.

Beide Projekte verfolgen ein gemeinsames Ziel: Sie setzen sich für eine umweltfreundliche und nachhaltige Zukunft der ehemaligen Parks Range in Lichterfelde Süd ein. Bereits vor über 20 Jahren mietete die Reitgemeinschaft Holderhof das ehemalige Übungsgelände der amerikanischen Truppen als Zwischennutzer. Durch die Beweidung mit Pferden sollte zunächst nur störender Gehölzaufwuchs verhindert werden, um das Gelände freizuhalten. Was so unspektakulär begann, entwickelte sich zu einem einmaligen Weidelandschaftsprojekt.

Durch die ganzjährige Beweidung entwickelte sich im Laufe der Jahre ein wertvolles Biotop, das vielen seltenen und gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum gibt und in der Großstadt einzigartig ist. Das Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd wurde 2010 von Anwohnern, Umweltinitiativen und Vereinen im Hinblick auf die geplante Bebauung des Parks-Range-Geländes gegründet. Das Bündnis setzt sich für einen Landschaftspark und damit auch für den Erhalt des Biotops auf dem Parks-Range-Gelände ein. Die wertvollen Bereiche sollen als Landschaftsschutzgebiet gesichert werden.

Beide Initiativen haben erreicht, dass die Naturlandschaft auf der Parks Range in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist und die Anwohner in die Planungen zur Entwicklung des Geländes einbezogen werden. "Wir werden mit dieser Ehrung motiviert, unsere Ziele weiter aktiv zur verfolgen und einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen", betonten Gerhard Niebergall und Helmut Schmidt vom Aktionsbündnis nach der Preisverleihung.



Lichterfelder Projekt mit Umweltpreis geehrt

Aus:
Berliner Morgenpost, 17. November 2012, Seite xx (Bezirke). Dieser Artikel ist ein Nachdruck des Artikels aus der "Berliner Woche" vom 14.11.2012. [Zum Text]



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(Toronto/Houston)





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