Wie will die Politik mit Lichterfelde-Süd umgehen?
Denkanstöße zur öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
und Umwelt des Berliner Abgeordnetenhauses am 17. April 2013.
Aus: Mitteilungen
Aktionsbündnis
Landschaftspark, 11. April 2013. V.i.S.d.P.: Gerhard Niebergall, 12207 Berlin.
Links und Grafik wurden hier redaktionell hinzugefügt.
Lichterfelde-Süd im Widerstreit von Interessen: Investoren streben nach legitimer Rendite und
Bürger nach bezahlbarem Wohnraum, nach Arbeit und Freiraum für Naherholung im Hier und
Jetzt. Bleiben da gesunde Umwelt, gesetzlich geschützte Natur und Landschaft und damit
Lebensgrundlagen für kommende Generationen auf der Strecke? Wie moderiert die Politik diese
Konflikte?
Die Vorgeschichte
Das Stadtgebiet in Lichterfelde-Süd südlich von Réaumurstraße/Landweg
zwischen Bahntrasse und Osdorfer Straße bis zur Stadtgrenze, eine Fläche von rd.
1.110.000 m2, ist schon wiederholt Ort ambitionierter und dann doch gescheiterter Projekte
gewesen:
- Eine Gartenstadt für großstadtmüde Berliner scheiterte an der Verarmung weiter
Bevölkerungskreise nach dem I. Weltkrieg.
- Der Speerschen Reichseisenbahnschmiede
kam der ausbleibende Endsieg im II. Weltkrieg dazwischen.
- Neue Stadtteilprojekte nach der Wende für autofreies Wohnen und für zuziehende Bonner
Bürokraten fanden hier keine Nachfrage.
- Die Idee eines 18-Loch-Golfplatzes in Lichterfelde-Sud, von CA Immo und Groth erdacht und von
Bürgermeister Kopp freundlich begrüßt, erstarb 2010 schon am ungläubigen
Erstaunen der Lichterfelder.
Ein neuer Anlauf durch die Groth-Gruppe
Nun unternimmt der Immobilienentwickler Klaus Groth mit seinem Projekt
Vorstadt
Lichterfelde einen neuen Versuch. Von dem ursprünglich der Deutschen Bahn
gehörenden Gesamtgrundstück erwarb er zu diesem Zweck Mitte 2012 von der CA Immo eine
Teilfläche von rd. 962.000 m2, und zwar zu einem Preis von kaum mehr als 10 Euro/m2 ein
Kaufpreis, der keinesfalls auf einen Erwerb von Bauerwartungsland schließen lässt.
(
Warum Berlin offenbar auf die Ausübung seines Vorkaufsrechtes entsprechend § 24 Abs.
1 Ziff. 1 Baugesetzbuch verzichtete, ist nicht ersichtlich). Die Flächendifferenz bis
zur Gesamtfläche von 1.110.000 m2 befindet sich derzeit (wieder) im Eigentum der Deutschen Bahn
und ist Teil eines Waldes, der auch weit in das Groth-Grundstück hinein reicht.
Der Senat und auch das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf begleiten dieses Projekt offenkundig mit
Wohlwollen. Ein bekannter Entwurf des Stadtentwicklungsplanes Wohnen sieht in
Lichterfelde-Süd ab 2015 einen jährlichen Bau von 300 neuen Wohnungen vor, sodass hier bis
2030 insgesamt 3.300 Wohnungen neu errichtet werden sollen.
Nach einem ganz offensichtlich von der Groth-Gruppe entworfenen und von Bezirksstadtrat Schmidt
mitunterzeichneten
Letter of Intent vom 3./5. April 2013 besteht die Absicht, auf einer
39 ha großen Teilfläche des Groth-Grundstücks Wohnungsbauquartiere mit 2.200 bis
2.700 Wohnungen und Gemeinbedarfsflächen zu entwickeln. Die danach baufrei bleibenden 57 ha
des Groth-Grundstückes sollen zu einer naturnahen Parklandschaft entwickelt werden.
Der Ist-Zustand auf dem Groth-Grundstück
Entlang von Réaumurstraße/Landweg siedeln auf weitflächig durchgrünten
Arealen z. T. seit Jahrzehnten 21 kleinere Betriebe mit ca. 200 Beschäftigten auf Basis immer
wieder verlängerter kurzfristiger Mietverträge. Die Groth-Gruppe soll bereits damit
begonnen haben, einzelne Betriebe durch Nichtverlängern der Mietverträge von ihren
Standorten zu vertreiben. Die Bezirkspolitik geniert sich wohl inzwischen teilweise dieser
Sachlage, lässt aber anscheinend den Grundstückseigentümer gewähren.
Südlich davon, auf der ehemaligen
Parks Range, einem früheren militärischen Übungsgelände
der Amerikaner, beweiden die Pferde der Reitgemeinschaft Holderhof umschichtig ganzjährig
große Flächen und verhinderten somit eine sich ausbreitende Verbuschung und Verwaldung
des Grundstückes. Stattdessen ist eine in Fachkreisen hochgelobte und sehr artenreiche
Lichterfelder Weidelandschaft (Stadtwildnis) entstanden. Der Fachbeirat für
Naturschutz und Landschaftspflege bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
empfahl deshalb schon 2010, diese
Fläche als Landschaftsschutzgebiet zu sichern.
Die vom Bezirksamt beauftragte Naturschutz- und Landschaftsentwicklungsstudie
Schutzgebietskonzept
Lichterfelde-Süd von Fugmann & Janotta vom Dezember 2012 empfiehlt von der
Gesamtfläche von 111 ha einen zentralen Bereich von 80 ha als Landschaftsschutzgebiet zu
sichern. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung weigert sich aber mit Verweis auf
Personalnot, den Erlass einer Rechtsverordnung zur Sicherung eines Landschaftsschutzgebietes
(§§ 18, 20 Berliner Naturschutzgesetz) zu prüfen.
Randbereiche des Groth-Grundstückes von 16 ha wären nach Fugmann & Janotta unbedenklich
und weitere von 11 ha bedingt, unter Rückstellung naturschutzfachlicher Bedenken, für eine
Bebauung geeignet.
Weitere 4 ha des Groth-Grundstückes sollen nach Fugmann & Janotta für Formen
intensiverer Freizeitnutzungen reserviert werden.
Wie der bereits genannte Letter of Intent nun zeigt, diente die Fugmann &
Janotta-Studie nur dazu, eine Verhandlungsposition gegenüber dem Senat und der Groth-Gruppe
aufzubauen.
Soweit das Grundstück derzeit nicht gewerblich genutzt wird, versperrt noch immer ein
seinerzeit vom Bundesamt für Besatzungslasten finanzierter Zaun mit Schildern Betreten
verboten Der Eigentümer entgegen dem Berliner Naturschutzgesetz (§§ 35,
36) Erholung suchenden Bürgern den Zutritt zu dem Grundstück.
Die Rechtslage
Planungsrechtlich gilt in Lichterfelde-Süd noch immer der in früheren West-Berliner
Mauerzeiten erlassene Baunutzungsplan aus dem Jahre 1960, der das Grundstück als Baulandreserve
ausweist. Weil aber Fluchtlinienpläne seinerzeit nicht erlassen wurden, hat diese
Rechtsgrundlage in Lichterfelde-Süd nie die rechtliche Wirkung eines Bebauungsplanes erlangt.
Auch in den späteren Jahrzehnten ist es
für diesen Bereich nie zum Erlass eines Bebauungsplanes gekommen.
[Ed: Zu beachten ist aber, dass das derzeitige Planungsgebiet in Lichterfelde-Süd auf Berliner
Gebiet umgeben ist von Bereichen mit rechtskräftig festgesetzten Bebauungsplänen (u. a.
sind das XII-101a, XII-101b, XII-101c, XII-134a, XII-134b) bzw. einer Planfeststellung (Anhalter
Bahn SÜD vom 31.5.2001), was bei der Bauleitplanung für das Areal südlich der
Thermometer- Siedlung ganz besonders zu berücksichtigen sein wird].
Ein im November 1983 begonnenes Landschaftsplanverfahren XII-L2 ist nach der Wende nicht
fortgeführt, aber nie ausdrücklich aufgehoben worden und ruht insoweit nur. Die erste
Fassung des Berliner Landschaftsprogramms zeigte in den Umrissen der früheren Parks Range einen
Park Lichterfelde, eine spätere Fassung auf kleinerer Fläche einen
Landschaftspark Lichterfelde-Süd.
Die
aktuelle Fassung des FNP
für Lichterfelde-Süd bildet noch das gescheiterte Projekt eines neuen Stadtteil für
zuziehende Bonner Bürokraten ab und ist damit sachlich überholt.
Weil das Gebiet bekanntlich im hohen Maße naturschutzfachlich befangen ist, müssten das
Landschaftsprogramm und der FNP zweifelsfrei geändert werden.
Insgesamt gab es einen Rechtsanspruch eines Investors auf Ausweis von Bauland in
Lichterfelde-Süd bisher nicht. Warum das Bezirksamt noch im Vorfeld eines städtebaulichen
Wettbewerbs und der Aufstellung eines Bebauungsplanes durch den
Letter of Intent jetzt
den Juristen der Groth-Gruppe Ansatzpunkte für solche Ansprüche verschafft, wird zu
klären sein.
Das Umfeld
Westlich der Bahntrasse befindet sich ein gemischtes Wohngebiet im wesentlichen aus
Reihenhaus-Eigenheim- Siedlungen, mehrgeschossigen Mietshäusern sowie die Wohnanlage der
Märkischen Scholle.
Nach Norden begrenzen die Thermometersiedlung sowie, dahinter liegend, die Woltmannsiedlung das
Planungsgebiet. Vor allem die Thermometersiedlung gilt als Stadtteil mit besonderem
Entwicklungsbedarf. Mehr als 80 v. H. der Kinder und Jugendlichen dieses Wohnbereichs sollen ihren
Lebensunterhalt aus öffentlichen Kassen beziehen. Wiederholt sind in letzter Zeit
Kinderbetreuungseinrichtungen von Vandalismus betroffen gewesen. Entlang von
Réaumurstraße/Landweg sind bei den letzten Wahlen nur noch 38 v. H. der
Wahlberechtigten zur Urne gegangen. Um den Kontakt der dort wohnenden Menschen zur Politik zu
verbessern, haben die in der Bezirks-BVV vertretenen Parteien gemeinsam, befristet für
zunächst ein halbes Jahr, in der Thermometersiedlung einen Politladen
eingerichtet.
Östlich der Osdorfer Straße befinden sich südlich des Lichterfelder Ringes bis zur
Stadtgrenze durch Festsetzungen in einem Bebauungsplan gesicherte Dauerkleingärten.
Eigentümer der Fläche ist das Land Berlin.
Das Gebiet südlich der Stadtgrenze, ehemalige Rieselfelder, ist als Landschaftsschutzgebiet
festgesetzt und wird landwirtschaftlich genutzt, im Frühjahr zur Verklappung von Gülle und
sodann zum großflächigen Anbau von Mais und Raps. Eigentümer auch dieser
Flächen ist das Land Berlin. Mangels ausreichender Durchwegungen und von
Parkmöglichkeiten ist dieses Gebiet für die Naherholung nicht geeignet.
Wieviel und welchen zusätzlichen Wohnungsbau verträgt Lichterfelde-Süd?
Der Voreigentümer, die CA Immo, wollte ein Neubauvorhaben mit einem kräftigen,
eigenständigen Image als Gartenstadt und Wohnen am Landschaftspark zur
Thermometersiedlung hin abgrenzen. Klaus Groth ist zuletzt mit Vorhaben am Mauerpark, auf der
Kleingartenkolonie Oeynhausen und an der Heidestraße mit eher höherpreisigem Bauen mit
Blick auch auf nationale und internationale Kapitalanleger hervorgetreten. Seinen früheren
größeren Projekten für mittlere Einkommensbezieher wie in Karow-Nord und dem
Kirchsteigfeld in Potsdam-Drewitz werden Vermietungsprobleme nachgesagt.
Eine von der
Thermometersielung als Stadtteil mit besonderem Entwicklungsbedarf ausgehende
Stadterweiterung nach Süden wäre eine gesellschaftspolitische Herausforderung. Ein Zubau
weiterer Wohnungen wäre wohl nur dann sozialverträglich, wenn von diesem Vorhaben positive
Impulse auf die Entwicklung der Thermometersiedlung ausgehen. Folgende Aspekte sollten dabei
bedacht werden:
- Vor Planungs- und Baubeginn erscheint eine Bestandsaufnahme über die vorhandene
Infrastruktur (Einkausmöglichkeiten, Kitas, Grundschule, Jugendfreizeiteinrichtungen,
Sportflächen, usw.) unverzichtbar. Mit einem Zubau von Wohnungen sollte erst begonnen werden,
wenn ermittelte Defizite behoben und eine fortschreitende Anpassung der Infrastruktur an einen
wachsenden Bedarf gewährleistet ist.
- Neue Wohnungen könnten durchaus zu unterschiedlichen Standards und entsprechend gestaffelten
kalkulatorischen Kaltmieten geplant und gebaut werden, um insoweit eine soziale Durchmischung zu
fördern.
- Es könnte geprüft werden, ob durch Grundstückstausch mit der
Groth-Gruppe auch Wohnungsbaugesellschaften des Landes Berlin und Genossenschaften an der Errichtung
von Wohnungen in Lichterfelde-Süd beteiligt werden können.
- Den Südlichterfeldern werden seit Jahrzehnten fußläufig erreichbare
Naherholungsflächen versprochen. Das damalige Bezirksamt Steglitz beabsichtigte deshalb 1988,
zu diesem Zweck südlich der Réaumurstraße eine Fläche von 36.888 m2 zu
erwerben. Diese seinerzeit nicht vollzogene Absicht könnte nun nachgeholt werden, und zwar
südlich der Einmündung der Celsiusstraße in die Réaumurstraße. Der
dort verrohrte Stangenpfuhlgraben könnte renaturiert und in seinem Verlauf mit
Angebotsflächen für Spiel, Sport und für andere Zwecke intensiverer spontaner
Freizeitnutzung begleitet werden. Der Vorschlag von Fugmann & Janotta, solche Flächen, am
Rande eines Landschaftsschutzgebietes anzusiedeln, erscheint problematisch, weil deren Umfeld eher
im Fokus höherpreisigen Wohnens stehen dürfte und Nutzungskonflikte somit absehbar
sind.
- Die in Lichterfelde-Süd (noch) vorhandenen Betriebe beschäftigen Mitarbeiter und
Auszubildende überwiegend aus dem unmittelbaren Umfeld. Von den Betriebsinhabern
gibt es Vorschläge, am Landweg,
gegenüber dort vorhandenen Sportanlagen, auf Flächen, die für ruhiges Wohnen nicht
geeignet sind, sich zu konzentrieren. Die Politik sollte mit diesen Vorschlägen konstruktiv
umgehen. Sehr vage Absichtserklärungen im Letter of Intent, prüfen zu wollen,
ob und etwa wo Betriebe erhalten bleiben können, reichen nicht aus. Die Betriebe und ihre
Mitarbeiter benötigen heute Planungssicherheit und klare Aussagen über ihre Zukunft.
- Vor der Einmündung der Réaumurstraße in die Osdorfer Straße ist der
Fahrverkehr zum Schutz der Kinder in der angrenzenden Kita auf eine Spur eingeengt. Es erscheint
kaum vorstellbar, dass dort der Verkehr künftig zwei- oder vierspurig vorbei rollt. Alternativ
könnte dort die noch bestehende Durchfahrt für Kraftfahrzeuge ganz gesperrt und der
Landweg entsprechend ausgebaut werden.
Bei der Planung eines neuen Baugebiets in Lichterfelde-Süd sollten außerdem die folgenden
Problematiken unbedingt beachtet werden:
- Eine automobile Anbindung eines neuen Baugebietes ist nur über die
Osdorfer Straße möglich. Diese Straße setzt sich nach Brandenburg als
Gemeindestraße von Großbeeren fort und befindet sich in einem desolaten Zustand.
Dennoch zeigen statistische Erhebungen aus Brandenburg, dass von dort aus täglich ca. 7.500
Fahrbewegungen die Osdorfer Straße erreichen. Dadurch kommt es im Berufsverkehr zu
häufigen Staus an der Einmündung der Osdorfer Straße in den Ostpreußendamm und
zu einem zunehmenden Umfahrungsverkehr über Lichterfelder Ring und Woltmannweg und weitere
Wohnstraßen Richtung Lichterfelde-Ost.
- Fachleute rechnen nach BER-Inbetriebnahme und weiterem Ausbau des Güterverteilzentrums
Großbeeren mit einer Zunahme des Stadtgrenzen überschreitenden Verkehrs im Berliner
Südwesten um 30 bis 50 v. H. Ein wesentlicher zusätzlicher Quell- und Zielverkehr durch
ein größeres Neubaugebiet in Lichterfelde-Süd erschiene somit nur beherrschbar, wenn
die Osdorfer Straße an der Stadtgrenze für den automobilen Durchgangsverkehr gesperrt
würde.
- Wenn noch der Flughafenshuttle hinzu kommt, sind einschließlich Fern-, Regional- und S-Bahn
täglich bis zu 300 Fahrbewegungen auf der Schiene zu erwarten. Anstelle eines hier von der CA
Immo angedachten Lärmschutzwalles will die Groth-Gruppe nun wohl Platz sparend ein Neubaugebiet
durch eine Lärmschutzwand abschirmen. Die Anwohner auf der anderen Seite der Bahnanlagen
würde dies aus der Sorge auf die Barrikaden treiben, dass diese Wand für sie wie ein
Schallverstärker wirkt.
- Wohnungsbau entlang der Westseite der Osdorfer Straße wird die Kleingärtner an der
Ostseite nachhaltig an Ankündigungen von Stadtentwicklungssenator Müller zu einer Bebauung
von Kleingartenflächen erinnern.
Schlussfolgerungen
Wertet man alle Rahmenbedingungen, erscheint in Lichterfelde-Süd eine Ausweis von neuem Bauland
in einer Gesamtfläche von etwa 20 ha (200.000 m2) durchaus vorstellbar, aber auch ausreichend
bemessen. Auf dieser Fläche könnten ca. 500 Einfamilienhäuser errichtet werden
oder, bei entsprechend verdichteter mehrgeschossiger Bebauung, wohl auch bis zu 2.500 Wohnungen.
Warum und welche gutachtlich unterlegt naturschutzfachlich nicht für eine
Bebauung geeigneten Flächen das Bezirksamt nun zusätzlich für eine Bebauung
öffnen will, wird es noch erklären müssen.
Durch Ausweis als Bauland würde sich der Wert der von der Groth-Gruppe erworbenen Fläche
von einem Einstandspreis von vermutlich kaum über 10 Euro/m2 auf ca. 250 Euro/m2 erhöhen.
Dies entspräche für 39 ha einer Wertsteigerung auf 97,5 Mio. Euro. Der Kaufpreis
für den Erwerb der gesamten Grundstückes durch die Groth-Gruppe dürfte
vergleichsweise kaum über 10 Mio. Euro gelegen haben. Die Fähigkeit der Groth-Gruppe,
diese Wertsteigerung auch zu kapitalisieren, steht sicherlich außer Zweifel.
Die Trägerschaft der Finanzierung der anstehenden Kosten der Infrastruktur bleibt in dem
Letter of Intent offen. Soweit die Groth-Gruppe sich hier beteiligt, darf man davon
ausgehen, dass sie diese Kosten über den Verkauf bzw. die Vermietung von ihr errichteter
Wohnungen refinanziert.
Das Baugesetzbuch sieht unter
Städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen (§§ 165 ff.)
durchaus Möglichkeiten vor, Planungsgewinne wie sie das Bezirksamt nun der Groth-Gruppe
andient, abzuschöpfen. Eine kostenfreie Abtretung einer Fläche für
Naherholungszwecke könnte ebenso Ziel solcher Absichten sein, wie eine entsprechende Einlage
schützenswerter Natur- und Landschaftsflächen in eine zu diesem Zweck errichtete
gemeinnützige Stiftung.
Auch am Stadtrand wird man sich zusätzlichem Wohnungsbau nicht verschließen können.
Es fehlt jedoch bisher ein wohnungsbaupolitisches Gesamtkonzept auch mit Blick auf die Region
Berlin-Brandenburg. Eine Devise:
Wir müssen bauen, das es kracht, ist noch keine
verantwortungsvolle Politik.
Zusagen der Groth-Gruppe im Letter of Intent, Kosten des Planungs- und
Beteiligungsverfahrens zu übernehmen und das Bezirksamt bei diesem Verfahren zu
unterstützen, sind ein deutliches Indiz dafür, dass die Bezirksamt gewillt scheint, die
weitere Planung weitgehend der an dem Ergebnis dieser Planung wirtschaftlich besonders
interessierten Groth-Gruppe zu übertragen. Vor allem diesen Aspekt wird man bei der
anstehenden gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligung der Öffentlichkeit und einer
anschließenden rechtlichen Wertung besonders im Blick haben müssen.