Zum 2. Workshop von CA-Immo und Verwaltungen
Eine kritische Analyse des Workshop-Protokolls aus Bürgersicht.
Aus: Mitteilungen Aktionsbündnis Landschaftspark Lichterfelde Süd
(
ALL),
31. Juli 2012, 17.37 Uhr MESZ. V.i.S.d.P.: Gerhard Niebergall, 12207 Berlin.
Der Workshop fand am 6. Juli 2012 in den Räumen der CA-Immo statt.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die Lichterfelde Süd offenbar nur vom
Schreibtisch her kennt, und geschäftstüchtige "Investoren" wollen das Stadtgebiet
südlich Réaumurstraße/Landweg in 15 Jahresraten mit bis zu 3.000 Wohneineiten
bebauen (TOP 2, Abs. 1, letzter Satz), so kann man das o. a. Protokoll lesen, das
hier online nachlesbar
ist. Das sich hier andeutende Entwicklungskonzept enthält einige Denkfehler und
Ungereimtheiten, auf die ich nachstehend einzugehen versuche:
1. Auch wegen des geplanten Entwicklungstempos (max. 200 WE p. a.) wird es nur schwer gelingen,
sich von der Thermometer-Siedlung, mit der man nichts zu tun haben möchte, mit einem eigenen
Image abzugrenzen. Eine Bebauung der Fläche, in welchem Umfange auch immer, muss aber die
Nachbarschaft der Thermometer- und Woltmann-Siedlungen als Realität akzeptieren und sich in ein
Konzept zu deren Wohnumfeldverbesserung und Sozialstruktur- Stabiliksierujng einfügen (TOP 2,
Abs. 1/TOP 3, Abs. 2 und 3).
2. Dass ausgehend vom Flughafen in Schönefeld das Planungsgebiet bei Westwind durch
Abflüge von der Nordbahn nach Norden und Osten im erheblichem Umfange durch Fluglärm
betroffen sein wird, wollte man anscheinend bisher nicht sehen und soll nun erst jetzt untersucht
werden (TOP 2, letzter Absatz).
3. Die reale Existenz von 21 Gewerbebetrieben mit ca. 200 Mitarbeitern auf dem Planungsgebiet wird
negiert. Es wird kein Gedanke daran verschwendet, mit welchen Maßnahmen diese Betriebe
notfalls auch anderen Orts fortgeführt werden könnten. Zumindest die Politik muss sich
diesem Problem stellen (TOP 3, Abs. 1).
4. Erholung suchenden Südlichterfelder, denen die Politik seit Jahrzehnten ein
Naherholungsgebiet verspricht, sollen auf das Umland in Brandenburg verwiesen werden. Die
ehemaligen Rieselfelder jenseits der Stadtgrenze befindet sich aber seit Jahrzehnten im Eigentum des
Landes Berlin. Wäre es nicht naheliegend, dass der ewig klamme Finanzsenator auf die Idee
kommen könnte, bei absehbar fortschreitender Bebauung der letzten Freifläche in
Lichterfelde Süd auch jenseits der Stadtgrenze Baurecht anzustreben und so seine Kasse zu
füllen (TOP 3, Abs 2).
5. Das Planungsgebiet soll überwiegend mit Ein- und Zweifamilienhäusern bebaut werden:
Menschen, die solche Häuser als Eigentümer bewohnen wollen, müssen erst einmal bereit
sein, sich längerfristig zu verschulden. Für den damit angesprochenen Personenkreis ist
Lichterfelde Süd aufgrund der in den Punkten 1 und 2 angesprochenen Sachlagen mutmaßlich
nicht ein unbedingt wertgeschätztes Wohnumfeld (TOP 3, letzter Absatz).
6. Ob Lärmschutzwälle Lärmimmisionen "absorbieren" (aufsaugen) können, mag
dahin gestellt bleiben. Neben der Höhe solcher Wälle werden ihr Neigungswinkel und ihre
Begrünung ausschlaggebende Faktoren sein, um Schallreflektionen in gegenüberliegende
bewohnte Gebiete zu vermeiden. Neben den im Protokoll angesprochenen Kleingärtnern an der
Osdorfer Straße sind auch die Bewohner im Umfeld des Westfalenrings potentielle Betroffene
(TOP 4).
7. Die Bewertung einer Anbindung des automobilen Individualverkehrs an das umgebende
öffentliche Straßennetz erscheint zumindest oberflächlich. Der
Einmündungsbereich der Osdorfer Straße in den Ostpreußendamm ist bereits heute in
Zeiten des Berufsverkehrs überlastet. Die Réaumurstraße ist heute eine
verkehrsberuhigte Anliegerstraße, die auf Höhe des dort gelegenen Kindergartens auf eine
Fahrspur eingeengt ist. Der Landweg ist bisher nicht als Autostraße ausgebaut.
Anwohner aus dem Woltmannweg beklagen, dass ihre Wohnstraße schon heute dazu benutzt wird, um
den Engpass Einmündung Osdorfer Straße/Ostpreußendamm Richtung Lichterfelde Ost zu
umfahren. Mit fortschreitender Bebauung in Lichterfelde Süd ist ein zunehmender
Ausweichverkehr auch über Lichterfelder Ring/Schütte-Lanz-Str./Heinersdorfer
Str./Oberhofer Weg unausweichlich. Dem Kitastandort Réaumurstr. droht auf Dauer eine
unhaltbare Lärm- und Abgasbelastung (TOP 5).
8. Der Wert der Natur in Lichterfelde Süd wird offenbar mit Vorsatz kleingeredet. Die von
Becker u. a. [im Auftrag der CA-Immo (Investor)] im Jahr 2010 vorgelegte
"
Bestandsanalyse
naturschutzfachliche- landschaftsplanerische Untersuchung" erscheint ausgesprochen lückenhaft.
Die Flora des Planungsgebietes kommt in dieser Untersuchung kaum vor. Zu hören ist auch, dass
Personen, die für diese Untersuchung zugearbeitet haben sollen, nicht alles dokumentieren
durften, was sie im Planungsgebiet vorfanden (TOP 7).
9. Auch ein jetzt für 2013 vorgesehener "städtebaulicher Wettbewerb" wird kaum
umhinkommen, die Erwartungen der "Investoren" zu berücksichtigen. Eine unabhängige
naturschutzfachliche und landschaftsplanerische Bewertung des Planungsgebietes kann nur von einem
Landschaftsplanverfahren erwartet werden, wie es bisher leider nur die Piratenfraktion in der
BVV-Steglitz-Zehlendorf beantragen. Gleicher Auffassung wie die Piraten waren übrigens schon
einmal
das Bezirksamt Steglitz
und alle damals in der BVV vertretenen Parteien [AL/GRÜNE, CDU, FDP, SPD], als noch ohne die
(damals noch von den Amerikanern genutzte) Parks Range um 1980 ein Bebauungsplan für das
Planungsgebiet diskutiert wurde (TOP Ausblick, weiteres Vorgehen).
Es werden somit noch "dicke Bretter zu bohren" sein, bis in der halboffenen Lichterfelder
Weidelandschaft und in den angrenzenden Waldflächen die gewachsene Natur vor der Gier von
"Investoren" geschützt und für eine sanfte Naherholung gesichert ist.
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Weitere Workshop-Erkenntnisse]